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Wer regiert das Geld?

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die Wall Street setzte voll auf Mitt Romney und muss ihre beträchtlichen Spenden nun in den Wind schreiben. Dafür sackte die New Yorker Börse ab, als Barack Obama als Sieger feststand. Durch die Trotzreaktion verloren auch US-Bürger Geld, die Obama gewählt und nichts mit Goldman Sachs am Hut haben. Was eigentlich Obamas Zugang bestärkt, Finanzinstitute stärker zu regulieren.

Daneben gibt es allerdings ein grundsätzliches wirtschaftspolitisches Problem: Das gut geölte kapitalistische Wirtschaftsmodell ist mit der Finanzkrise in den Industriestaaten an seinem Ende angelangt. Denn es zeigte sich, dass sehr viel privates Geld in die Finanzwirtschaft investiert wurde, aber im Vergleich zu wenig in die produzierende Wirtschaft.

Bei den Ausgaben der öffentlichen Haushalte weltweit gab es ein ähnliches Phänomen: Viel wurde in den Konsum gepumpt (Militär, Verwaltung, Landwirtschaft, ungerecht verteilte Sozialsysteme), aber zu wenig investiert. Etwa in eine leistungsfähige Infrastruktur, die Wirtschaftstreibende anlockt. Oder in eine Deregulierung, die Firmen-Neugründungen und Innovationen belohnt und nicht Devisenhändler. Die milliardenschwere Bankenhilfe droht das krängende System kentern zu lassen. Um diese Schieflage zu ändern, sind zwei Dinge unabdingbar: Politiker, die den Mut haben, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu ändern - und Zeit.

Die Rückführung der enormen Schulden in den USA und in Europa braucht mindestens zehn Jahre, wenn kein Kollaps riskiert werden soll. Obama beschrieb die Herausforderungen in seiner Rede am Freitag. Es braucht Zeit, weil auch Länder wie Frankreich an der Abwanderung der Industrie leiden und keine adäquat bezahlten Jobs an ihre Stelle traten.

Die Banken, Fonds und Versicherungen müssen dementsprechend ihr Geschäftsmodell anpassen. Sie müssen die auf Kurzfristigkeit ausgelegten Profitmargen über Bord kippen und längerfristig planen (wie die echte Industrie). Sie werden auch so manches Spekulationsprodukt aufgeben müssen, weil die Profite daraus zwar Banker reicher, aber Millionen Menschen ärmer machen.

EU-weit und in den USA müssen die Wettbewerbsbedingungen verschärft werden. Es braucht Kartellbehörden, um die Marktwirtschaft zu schützen. Zuschauen, wie Oligopole entstehen, verhindert Wettbewerb - und neue Jobs.