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Die Federal Reserve, die US-Notenbank, ist im Inferno der Finanzkrise letztes Wochenende zu dem Schluss gekommen, dass die großen Akteure der Wall Street zu groß sind, um zu versagen. Daher pumpt die Fed fast unbegrenzte Summen ins Finanzsystem, damit dieses am Laufen bleibt.
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Ist die Fed selbst zu groß, um Pleite zu gehen? Und wer könnte dann die allerletzte Rettung sein, wenn der, der jetzt als letzte Rettung auftritt, sich der Herausforderung nicht gewachsen zeigen sollte? Die automatische Antwort lautet, dass dies zu unwahrscheinlich ist: Die Idee, die Fed könne ihren Verbindlichkeiten nicht nachkommen, ist undenkbar. Also war die Reaktion der Wall Street auf die jüngste Rettungsaktion der Fed ein Freudenschrei.
Aber denken wir einen Augenblick das Undenkbare. Seit neun Monaten scheitert die Fed daran, die wachsende Angst in den Griff zu bekommen. Was die Gefährdung so akut macht, ist die Ausbreitung der Finanzkrise von der Wall Street in die Main Street. Bisher war die Panik auf Vertreter der Finanzwelt beschränkt, aber nun treten wir in eine neue Phase ein: Mama und Papa sind dabei, ihr Zuhause zu verlieren und vielleicht auch ihre Arbeit - die Panik wird die gesamte Bevölkerung erfassen.
"Subprime Krise" (Krise der uneinbringlichen Kredite) wird der Niedergang meist genannt, als ginge es nur um unvernünftige Darlehen von gierigen Finanzkonzernen. Davon gibt es eine ganze Menge, die größere Dynamik dahinter ist aber, dass die Immobilienmarkt-Blase geplatzt ist.
Alan Greenspan, Ex-Chef der US-Notenbank, den viele für den Immobilienschwindel verantwortlich machen, sieht die Finanzkrise in einem Artikel in der "Financial Times" als die schlimmste seit Ende des zweiten Weltkriegs und warnt, dass kein Ende in Sicht ist, wenn die Preise auf dem Immobilienmarkt sich nicht stabilisieren. Ein prominenter Investmentbanker gab mir eine hilfreiche - wenn auch sehr erschreckende - Erklärung dessen, was da auf uns zukommen mag: Die Rettungsmaßnahmen der Fed gefährden seiner Ansicht nach das wertvollste Kapital der Nation, nämlich die Glaubwürdigkeit der Fed.
Mit wie viel zweifelhaften und uneinbringlichen Außenständen muss die Fed rechnen? Niemand weiß das. Schätzungen zufolge soll es sich um 400 Milliarden Dollar handeln, aber das ist nur der Anfang. Unter Analysten herrscht offiziell Konsens, dass die Verluste aus den Kreditgeschäften sich mindestens auf 600 Milliarden Dollar belaufen werden, angenommen wird aber die doppelte Summe. Oder die dreifache?
Kann die Fed das tatsächlich verkraften? Was kommt, wenn die Immobilienblase weiter schrumpft? Die Post-Bubble-Wirtschaft wäre wohl geprägt von einer Welle von Panikverkäufen.
Aus meiner Sicht musste die Fed diese Woche entschlossen eingreifen, aber wenn die Panik erst einmal weitere Kreise erfasst, wird sie sich mehr einfallen lassen müssen. Um mit der größten Krise seit der Depression der Dreißigerjahre fertig zu werden, dazu braucht es die besten Köpfe seit damals.
Übersetzung: Redaktion