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Wer schauen will, muss radeln

Von Ina Weber

Politik

Wien probt drei Tage lang die Fußgängerzone auf der Mariahilfer Straße: Fahrradkino, Liegestühle, Kipferl - viel Programm gegen das Auto.


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Wien. Ein Tisch wird aufgebaut. Der große Plan wird glatt gestrichen. Auf dem Luftbild ist Wiens Mariahilfer Straße gerade einmal 30 Zentimeter breit. Platz genug, meint Herbert Bork vom Raumplanungs-Büro "stadtland", um die Wünsche und Anregungen der Bürger anzubringen. Auf diese wartet er und sein Team nämlich, heute, Freitag, gegenüber dem Generali Center. Die "Gestaltungswerkstatt" (15 bis 19 Uhr) ist einer von vielen Programmpunkten, die die dreitägige "Probe-Fuzo-Mariahü" - von der Neubau- bis zur Esterhazygasse - an diesem Wochenende begleiten.

Im Namen von Planungsstadträtin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou erteilt das siebenköpfige Expertenteam Auskunft über das zukünftige Verkehrskonzept und die angedachte Oberflächengestaltung. Bei Letzterem können die Bürger ja bereits seit 12. April in der Dialogbox auf Post-its ihre Vorstellungen deponieren. Rund 1000 Personen sollen bis jetzt mitgemacht haben. Die Ergebnisse werden laut Vassilakou derzeit ausgewertet. Die Box soll noch bis 20. Mai aufgestellt bleiben.

Wie könnte Wiens Mariahilfer Straße aussehen, wenn sie umgebaut ist? Soll es in der Fußgängerzone mehr Sitzgelegenheiten geben? Mehr Grün? Springbrunnen? "Dass die Bereiche wie im Museumsquartier gestaltet werden, ist durchaus denkbar", sagt Bork zur "Wiener Zeitung". Ob Straße dann noch der passende Begriff sei? "Wohl eher Raum" - die Mariahilfer Straße müsste dann wohl zum Mariahilfer Raum mutieren.

Freiräume heißt auch der Film, der am Samstag (ab 20 Uhr) gegenüber dem Generali Center als 1. Wiener Fahrrad-Kino gezeigt wird. "Die Gäste müssen radeln, wenn sie den Film sehen wollen", so Bork. Denn der Strom für die Vorführung wird auf umgebauten E-Bikes erzeugt. Erstrampelt werden kann das Engagement von Vöcklabrucker Jugendlichen, die im Film ein leer stehendes Gebäude in ein Kulturzentrum umgewandelt haben. "Er zeigt, wie man etwas verändern kann, wie die Zivilgesellschaft das schafft."

Die Stadtregierung will die Anregungen der Bürger "in die endgültige Lösung einfließen lassen". Im Juni soll es eine Ausstellung dazu geben. Ab dem Spätsommer wird es ernst: Dann beginnt der große Probe-Durchlauf für das gesamte Verkehrskonzept.

Begegnungszonen

Nicht nur ein kleines Stück wird zur autofreien Zone erklärt, sondern die Kernzone (s. Grafik). Darüber hinaus wird es Begegnungszonen geben, die auch von Autos mit 20 km/h befahren werden können. Das neue Einbahn-System kommt dann in Mariahilf und Neubau zum Einsatz.

Doch nicht nur die Bürgerbeteiligung zählt. Anfang des Jahres hat die Stadt einen internationalen Wettbewerb für die Umgestaltung der Straße ausgeschrieben. Der Gewinner soll heute, Freitag, bekannt gegeben werden. Die Pläne des Architekten sollen mit den Bürgern besprochen werden. "Bis zum Sommer brauchen wir eine Lösung", heißt es.

Nach wie vor gibt es aber Befürchtungen in Bezug auf die Verkehrslösung. Auch die Gespräche der Stadt mit der Wirtschaftskammer brachten noch kein Ergebnis. Ob Befürworter oder Skeptiker, die Mariahü soll am Sonntag (ab 10 Uhr) zum "Wohnzimmer" werden. Wer seinen Liegestuhl mitbringt, bekommt Kaffee und Kipferl in der Dialogbox serviert. Der Flohmarkt in der Neubaugasse wird sich ebenfalls freuen. Während die einen von einer autofreien Straße träumen, sehnen sich die anderen nach einer Brücke. Das Museumsquartier wünscht sich eine Verbindung zum Maria-Theresien-Platz. Auch hier liegt ein Plan bereits am Tisch.