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Wer spielt Bösendorfer?

Von Edwin Baumgartner

Wirtschaft

International hat die Konkurrenz die Nase zu weit vorne. | Bösendorfer steht zum Verkauf. Die Bawag P.S.K. will mit den Verlusten des österreichischen Klaviererzeugers nicht länger leben: 280 Instrumente wurden im Jahr 2005 verkauft. 2001 waren es 500 Instrumente.


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Interpretieren will man den eklatanten Rückgang seitens Bawag P.S.K. nur insoferne, als die Euro-Dollar-Kursentwicklung für Exporte ungünstig gewesen sei.

Insider des internationalen Konzertbetriebs nennen freilich einen anderen Grund, weshalb der Bösendorfer-Konkurrent Steinway die Nase vorn hat: Nicht jedes Klavier ist konzerttauglich. Es bedarf dazu einer speziellen Magie des Instrumentes - und diese findet sich nicht in jedem Exemplar. Je größer die produzierte Stückzahl, desto besser die Chancen, auf diese Magie zu treffen. Und hier kann Bösendorfer rein quantitativ nicht mithalten. Die Wahrscheinlichkeit, unter diesen vielen Steinways ein konzerttaugliches Instrument zu entdecken, ist größer als die Wahrscheinlichkeit, unter den viel wenigeren Bösendorfern fündig zu werden.

Klang und Anschlag sind bei Bösendorfer anders als bei Steinway. Ein Pianist wechselt daher ungern. Ist der Pianist international tätig, findet er bei den Konzertveranstaltern eher einen seinen Vorstellungen entsprechenden Steinway als einen Bösendorfer vor. Also wird ein Pianist von vorne herein eher zu Steinway als zu Bösendorfer tendieren.

Womit für den österreichischen Erzeuger das Geschäft mit Musikschulen und Privatkunden bliebe. Aber auch das lahmt.

Solche Erfahrung muss derzeit allerdings ebenso Yamaha machen. Auch bei dem japanischen Musikinstrumentenhersteller sind die Klavierverkäufe rückläufig. Die Schuld sieht man dort in den sinkenden Ankäufen durch die Musikschulen, die finanziell nicht gut genug ausgestattet sind, um laufend neue Instrumente zu erwerben.

Ob das wirklich der Grund ist, bleibe freilich dahingestellt. Immerhin haben die Musikschulen nie mehr Instrumente angekauft, als benötigt wurden.

Im Zusammenhang mit der Bösendorfer-Misere stehen die Ankäufe der Musikschulen peripher dennoch: Als öffentliche Einrichtungen sind sie verpflichtet, dem Bestbieter den Zuschlag zu erteilen. Bösendorfer kommt immer seltener in diesen Genuss.

Und auch Privatpersonen überlegen, wie tief sie für den Namen Bösendorfer in die Tasche greifen wollen. Der kleinste Bösendorfer-Flügel kostet 54.800 Euro. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei der Konkurrenz immer öfter besser.

Da kann der Bundesinnungsmeister der Musikinstrumentenbauer, Wolfgang Merta, zwar klagen, dass die ohnedies nicht angedachte Verlagerung der Bösendorfer-Produktion ins Ausland für den Ausbildungsstand der heimischen Pianisten fatal wäre. In Wirklichkeit aber würden dann unsere zukünftigen Guldas und Brendels nur noch öfter an den Klavieren ausgebildet, die sie ohnedies für ihre Karriere wählen. Und die werden aller Voraussicht nach bis auf weiteres von Steinway produziert.