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Wer spielt die erste Geige?

Von Brigitte Pechar

Politik

Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer wird kommenden Sonntag erstmals Hauptrednerin bei einem FPÖ-Parteitag sein. Übervater Jörg Haider wird im Programm auf Platz 2 verwiesen. Mit den Worten "Susanne, geh du voran" hat er ihr am 1. Mai 2000 die Partei übergeben. Seither hat sich der Verantwortliche für den Aufstieg der FPÖ von einer Fünf-Prozent-Partei zu einer Regierungspartei mehrmals aus der Bundespolitik ab- und wieder zurückgemeldet.


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Dass Riess-Passer (41) als erste Vizekanzlerin ihren Job - sowohl in der Regierung als auch in der Partei - gut macht, wird ihr nicht nur von "Parteikameraden", sondern auch von Politologen bescheinigt. Gegenüber Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat sie schon einige Härtetests bestanden. Am Sonntag muss sie sich nun gegen den in der Parteibasis übermächtigen Kärntner Landeshauptmann bewähren. Sie muss die 780 Delegierten davon überzeugen, dass sie nicht nur von Haiders Gnaden Parteichefin ist.

Riess-Passers steter Aufstieg in der Partei hängt sehr eng mit Haider zusammen. Sie kam kurz nachdem Haider beim Innsbrucker Parteitag 1986 Norbert Steger als Parteichef abservierte in den Pressedienst der FPÖ, avancierte rasch zur Bundespressereferentin. Schon 1991 belohnte Haider sie für ihre Loyalität mit einem Bundesratsmandat (bis 1998), 1995 wurde sie kurzzeitig auch EU-Abgeordnete. Beim Parteitag 1994 wählten sie damals noch 400 Delegierte zur Parteivizechefin und 1996 folgte die Wahl zur geschäftsführenden Bundesobfrau. Damit war sie Nummer zwei nach Haider.

Als die FPÖ bei den Nationalratswahlen im Oktober 1999 zur zweitstärksten Kraft hinter der SPÖ aufstieg und die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ scheiterten, gelang Haider zwar der Coup einer Regierungspartnerschaft mit der ÖVP. Der Preis für ihn selbst war aber hoch: Er musste auf ein Regierungsamt verzichten und Riess-Passer den Vortritt lassen, die damit am 4. Februar 2000 erste Vizekanzlerin Österreichs wurde. Ein weiterer schmerzlicher Schritt konnte nicht ausbleiben: Am 1. Mai 2000 übergab er ihr mit Tränen in den Augen auch die Parteiführung. Von den Delegierten wurde sie mit 91,5 Prozent bestätigt.

Diesmal muss sich Riess-Passer die Zustimmung der Delegierten mit einer aufpeitschenden Rede - geplant sind etwa 1,5 Stunden - selbst holen. Als unterstes Limit für die Wahl werden in der Partei, da es ja keinen Gegenkandidaten gibt, 75 Prozent genannt. Sicher ist, dass sie den Kreis ihrer Stellvertreter erweitert. Derzeit sind das Verteidigungsminister Herbert Scheibner, Klubobmann Peter Westenthaler und Vorarlbergs Statthalter Hubert Gorbach.

Voraussichtlich wird Riess-Passer, wie sie das schon im Vorfeld getan hat, den Kanzleranspruch für sich anmelden für den Fall, dass FPÖ und ÖVP bei der nächsten NR-Wahl gleich auf liegen. Derzeit sprechen die Umfragen ein anderes Bild: Seit Regierungseintritt hat die FPÖ sowohl bei Regionalwahlen als auch in den Umfragen verloren.