Auf der Suche nach politischen Innovatoren in diesem Land schauen die etablierten Institutionen ziemlich alt aus.
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Die einen sind schon ganz kribbelig, weil sie es kaum erwarten können, bis die neuen Zeiten anbrechen. Den anderen kann der Wandel gar nicht langsam genug gehen. Allen gemein ist, dass sie die Veränderungen, die das Parteiengefüge wohl nachhaltig durcheinanderwirbeln werden, schon spüren können. (Um der Wahrheit die Ehre zu geben, sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die zu Hyperventilation neigende innenpolitische Berichterstattung schon öfters die Apokalypse von Rot-Schwarz herbeigeschrieben hat, ohne dass sich die Realität groß darum gekümmert hätte.)
Wer aber sind die potenziellen Innovatoren der heimischen Politik?
Eine naheliegende Antwort müsste lauten: die Parteien, zumindest diejenigen, die auf eine Veränderung des Status quo hinarbeiten - und sei es nur, dass sie selbst an die Futtertröge der Macht gelangen. Allerdings ist es doch eher so, dass Parteien bestehende Stimmungen in sich aufsaugen und diesen eine Stimme geben. Das gilt auch für die Neos und - noch - Team Stronach.
Als potenzielle Innovatoren kommen auch die Sozialpartner infrage, in der Realität verfolgen beide jedoch eine - ungeachtet mitunter revolutionärer Rhetorik - strukturkonservative Agenda, die will, dass möglichst viel beim Alten bleibt.
Gleiches gilt auch für die Bundesländer: theoretisches Potenzial, desaströse Praxis in Sachen Innovationspotenzial - es sei denn, man interpretiert die finanzpolitische Geisterfahrt mancher Bundesländer als subversiven Beitrag . . .
Nach eigenem und gesellschaftlichem Rollenverständnis sollten eigentlich die Universitäten an der Spitze einer auch politisch wirksamen Erneuerungsbewegung stehen. In der Realität kommen die Hochschulen diesem Anforderungsprofil kaum nach. Das Gros der Professoren hält sich aus dem politischen Diskurs heraus, ob aus schlichtem Zeitmangel und Überforderung durch Bürokratie, aus Abneigung gegen die hier vorherrschende Oberflächlichkeit oder persönlichem Desinteresse ist nebensächlich.
Am Ende bleibt ein insbesondere in den Universitätsstädten Österreich riesiges brachliegendes intellektuelles Potenzial, das die Politik am liebsten links liegen lässt. Eine Ausnahme bildet die Hochschülerschaft, die studentische Standesvertretung, die sich selbst ein umfassendes politisches Mandat erteilt, dessen Praxis mit der Theorie allerdings nicht ganz mithalten kann.
Nachdem also von staatlichen und halbstaatlichen Institutionen eher überschaubare Impulse kommen (alles andere wäre auch paradox), bleibt die Zivilgesellschaft. Und hier ist - neben den etablierten NGOs - eine bemerkenswerte Entwicklung festzustellen: Immer mehr Engagierte, denen ein Thema unter den Nägeln brennt, rufen eine eigene Initiative ins Leben. Und noch etwas ist zu konstatieren: die Renaissance politischer Salons und Debattierklubs, wo Meinungsführer und Interessierte im kleinen, mitunter halböffentlichen Kreis über Politik und Gesellschaft diskutieren.
Die Parteien sollten sich genau anschauen, was wie hier debattiert wird - sie könnten womöglich einiges lernen.