)
Regierung in Prag fürchtet keine Auswirkungen durch Öffnung des Arbeitsmarktes. | Stellvertretender Arbeitsminister: Zahl der Emigranten überschaubar. | "Wiener Zeitung": Haben Sie Angst vor der Öffnung des Arbeitsmarktes? In Österreich gab es die. | Petr Simerka: Nein, ich habe keine Angst. Und auch die Österreicher sollten keine haben, denn es gibt keinen Grund dafür. Über die letzten vier Jahre haben in Österreich rund 5000 Tschechen gearbeitet.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Diese Zahl wird sich nach der Arbeitsmarkt-Öffnung am 1. Mai nicht wesentlich erhöhen. Selbst wenn ein paar hundert Menschen mehr nach Österreich gehen, wird dies keine großen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben.
Auch nicht auf den tschechischen? In anderen osteuropäischen Staaten führte die Emigration dazu, dass es in bestimmten Bereichen - ob am Bau oder im Gesundheitswesen - nicht genug Arbeitskräfte gab.
Die Zahl der Menschen, die aus Tschechien weggegangen sind, ist überschaubar. Vor sechs Jahren etwa waren offiziell rund 31.000 Tschechen in anderen EU-Ländern und der Schweiz beschäftigt. Im Jahr 2009 waren es an die 76.000 Menschen.
Sie glauben nicht, dass nach dem 1. Mai mehr Tschechen ihr Land verlassen?
Wer ins Ausland gehen wollte, hat es bereits getan. Österreich und Deutschland sind ja die einzigen EU-Staaten, die bis zum Schluss die Übergangsfristen aufrechterhalten. So haben die Tschechen, die ihre Chance im Ausland nutzen wollten, sich längst für andere Länder entschieden. Die meisten sind nach Großbritannien gegangen; es gab aber auch Emigration außerhalb der EU - etwa nach Kanada oder in die USA. Viele kommen dann nach einer kurzen Zeit wieder zurück.
Und finden leicht Arbeit?
In Tschechien sind derzeit rund 560.000 Menschen arbeitslos. Wir setzen auf Ausbildung und Qualifikation, um die Menschen einstellbar zu machen, aber auch auf Anreize für ausländische Investoren, die wiederum Arbeitsplätze schaffen können.
Tschechien bietet also genug Perspektiven, etwa für junge Menschen?
Ich hoffe ja. Wir bemühen uns, die Menschen im Land zu halten, ihnen hier Arbeit zu geben.
Im Vorjahr haben dennoch hunderte Ärzte ihre Kündigung eingereicht, um gegen schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Bezahlung zu protestieren.
Die Regierung hat darauf mit einer signifikanten Lohnerhöhung für dieses und nächstes Jahr reagiert. Fast alle Ärzte haben ihre Kündigung danach zurückgezogen.
Hat Tschechien die Übergangsfristen auf dem Arbeitsmarkt als Diskriminierung bestimmter EU-Bürger angesehen?
Dieser Eindruck konnte entstehen - und viele Tschechen haben das auch so empfunden. Aber das ist ja bald vorbei.
Petr Simerka (62) ist Vizeminister für Arbeit und Soziales der Tschechischen Republik. Unter der Expertenregierung von Jan Fischer leitete der parteilose Jurist das Ministerium bis Sommer 2010. Siehe auch:Die arme Cousine aus dem Osten?