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Wer war der Apostel Paulus?

Von Heiner Boberski

Wissen

Heiliger aus Tarsus startete die Mission unter den Heiden. | Jüdische Sekte wurde Weltreligion. | Wien. Heute eröffnet Papst Benedikt XVI. in Anwesenheit des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel in Rom das seit langem angekündigte "Paulusjahr". Am Vorabend des alten Kirchenfestes Peter und Paul (29. Juni) feiert der Pontifex in der Basilika St. Paul vor den Mauern mit hochrangigen Vertretern mehrerer christlicher Kirchen den Vespergottesdienst.


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Der heilige Paulus gilt als der erfolgreichste PR-Mann des jungen Christentums. Wegen seiner Missionsreisen, die für die rasche Verbreitung der neuen Lehre sorgten, wird er "Völkerapostel" genannt. Wann er genau geboren wurde, mutmaßlich zwischen 6 und 10 nach Christus, ist unbekannt, die Kirche hat sich jedenfalls entschlossen, jetzt seinen 2000. Geburtstag zu feiern.

Im Zentrum des Gedenkens stehen das erst 2006 wiederentdeckte Grab des Heiligen in der Kirche St. Paul vor den Mauern in Rom und seine Heimatstadt Tarsus in der heutigen Türkei, wo bereits am vorigen Wochenende die Feiern begonnen haben. Den Christen ist es seit langem ein - von den türkischen Behörden bisher nicht erhörtes - Anliegen, in Tarsus ein Pilgerzentrum einzurichten und die dortige Pauluskirche in ständigen Besitz nehmen zu können. Der Bau aus dem 12. Jahrhundert, 1943 vom Staat konfisziert, dient derzeit als Museum. Nur fallweise dürfen Christen dort Gottesdienst feiern.

Vom Saulus zum Paulus

Ursprünglich hieß der Heilige nicht Paulus, sondern Saulus, war ausgebildeter Zeltmacher und ein frommer gebildeter Jude, der die Christen in Jerusalem verfolgte. Auf einer Reise nach Damaskus erfolgte die heute sprichwörtliche Wandlung vom Saulus zum Paulus: Der Heilige selbst berichtet von einer Begegnung mit dem auferstandenen Jesus, die ihn zunächst erblinden und später zum eifrigsten Verfechter der neuen Lehre werden ließ.

Die Bedeutung von Paulus liegt darin, dass er unter den Heiden missionierte, das Christentum nicht als jüdische Sekte, sondern als neue Weltreligion propagierte und auf dem Apostelkonzil in Jerusalem durchsetzte, dass zum Christsein die Taufe genüge, nicht aber, wie damals noch viele meinten, auch die Einhaltung aller jüdischen Gebote und Regeln.

Paulus besaß das römische Bürgerrecht. Dieser Umstand war ihm für seine Missionsreisen durch Kleinasien und Griechenland hilfreich. Er stand mit mehreren Gemeinden (etwa in Korinth, Thessaloniki, Ephesos, Philippi) in Kontakt - seine Briefe sind die ältesten Texte des Neuen Testaments. Um das Jahr 64 soll er in Rom unter Kaiser Nero den Märtyrertod erlitten haben.

Mit der Frage, wie Paulus ausgesehen haben könnte, hat sich unlängst das deutsche Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen befasst und ein "Phantombild" des Apostels erstellt. Der Spezialist aus der Einsatzgruppe "Visuelle Fahndungshilfen", der die Paulus-Zeichnung anfertigte, richtete sich nach Vorgaben des Düsseldorfer Historikers Michael Hesemann, der um Unterstützung für ein neues Buchprojekt gebeten hatte. Bereits 2003 hatten LKA-Experten dem Forscher für ein Buch ein Phantombild des Apostels Petrus geliefert.