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Wer was wird

Von Walter Hämmerle

Politik

Die Ministerliste der neuen Regierung - mit einigen Fragezeichen.


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Schwarze Hoffnung aus Oberösterreich: Doris Hummer.

Wien. Erst die Inhalte, dann die Personen: Mit diesem Mantra wehren seit jeher Koalitionsverhandler aller Couleurs Spekulationen darüber ab, wer was werden könnte in einer neuen Regierung. Der Satz von den Inhalten, die vor den Personen rangieren, ist natürlich nicht ganz falsch; allerdings auch nicht völlig richtig - zumal nicht in einer Zeit, in der die Kongruenz von politischen Inhalten und Persönlichkeiten immer wichtiger geworden ist.

Derzeit besteht die Bundesregierung aus 18 Mitgliedern - je neun für SPÖ und ÖVP, darunter vier Staatssekretäre. Die neue Regierung wird auf jeden Fall kleiner ausfallen; am wahrscheinlichsten ist, dass SPÖ und ÖVP je einen Staatssekretär einsparen; es ist aber auch nicht völlig ausgeschlossen, wenngleich nicht sehr wahrscheinlich, dass auch die Zahl der Minister - streng paritätisch, versteht sich - reduziert wird. Der von beiden Parteien zu berücksichtigende Ausgleich von Verbänden und Ländern spricht schlicht dagegen.

Auf der SPÖ-Seite werden sich die Wechsel im überschaubaren Rahmen halten. Neben Bundeskanzler Werner Faymann darf von Josef Ostermayer (Wien, derzeit noch Staatssekretär, künftig wohl Kulturminister), Rudolf Hundstorfer (Wien, Soziales) , Doris Bures (Wien, Verkehr und Infrastruktur) sowie Gabriele Heinisch-Hosek (Niederösterreich, voraussichtlich Unterricht) als Fixstarter ausgegangen werden. Gerald Klug (Steiermark, Verteidigung) und Alois Stöger (Oberösterreich, Gesundheit) sind zwar nicht in Stein gemeißelt, haben aber intakte Chancen auf eine Verlängerung.

Fix aus der Regierung ausscheiden werden lediglich Claudia Schmied (Wien, Unterricht) sowie Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (Wien), wobei Letzterer der SPÖ als Klubobmann erhalten bleibt. Offen ist, wer für die SPÖ als Staatssekretär im auch künftig ÖVP-geführten Finanzministerium walten wird. Als Kandidaten gelten Christoph Matznetter (54), der von 2007 bis 2008 bereits Finanzstaatssekretär war, sowie Finanzsprecher Jan Krainer (45); beide sind derzeit ohne Nationalratsmandat, Krainer rückt jedoch bei einer Regierungsbildung nach; bei Matznetter stellt sich die Frage, ob ihn der Job überhaupt reizt, führt er doch eine gut gehende Kanzlei als Steuerberater.

Bei der Volkspartei dreht sich das personelle Spekulationskarussell deutlich rasanter. Das beginnt schon mit Parteiobmann Michael Spindelegger: Entschließt dieser sich, das Finanzministerium zu übernehmen? Und falls nicht, bleibt er dann Außenminister? Je nachdem, wie Spindelegger sich entscheidet, hat dies weitere Personalrotationen zur Folge. Weitgehend fix ist in der ÖVP eigentlich nur, dass Johanna Mikl-Leitner (Niederösterreich, Inneres) und Reinhold Mitterlehner (Oberösterreich, Wirtschaft) in der Regierung bleiben.

ÖVP-Team wird kräftig umgebaut

Aus heutiger Sicht spricht einiges für einen Finanzminister Spindelegger, obwohl sich zuletzt Gerüchte über einen Verbleib Maria Fekters wieder häuften; dabei deutete die ebenso streitbare wie umstrittene Oberösterreicherin selbst bereits ihren Abgang an. Das vakante Außenamt könnte in diesem Fall die neue Bühne für Sebastian Kurz werden. Der Wiener ist zwar erst jugendliche 27 Jahre alt, gilt in der ÖVP aber bereits als unentbehrliche Zukunftshoffnung. Der Schritt vom Integrationssekretär zum Minister wäre da nur logisch. Im altehrwürdigen Außenamt würde aber wohl so mancher Diplomat diese Personalentscheidung als Provokation empfinden, schließlich verfügt Kurz weder über nennenswerte einschlägige Erfahrung noch über ein abgeschlossenes Studium. Dafür spricht wiederum, dass er mit mehr als 35.000 Vorzugsstimmen das beste Vorzugsstimmenergebnis aller Nationalratswahlkandidaten aufwies; zudem verfügt er, was wohl noch wichtiger ist, sowohl über die Rückendeckung Spindeleggers als auch Erwin Prölls. Und: Kurz hat sich bisher als politisches Naturtalent erwiesen.

Sollte Spindelegger ins Finanzressort wechseln, dürfte er auch den der ÖVP zustehenden Staatssekretär zwecks eigener Entlastung mitnehmen. Immerhin ist er zugleich auch noch Vizekanzler und Parteiobmann. Ein Finanzministerium unter Spindelegger würde dann also über zwei Staatssekretäre verfügen, einen roten und einen schwarzen. Reinhold Lopatka, der derzeit den ÖVP-Chef im Außenamt unterstützt, gilt als designierter ÖVP-Klubobmann, wobei ihn soeben erst die "Krone" als möglichen neuen Finanzminister ins Gespräch brachte. Sollte Spindelegger doch Außenminister bleiben, würde wohl Staatssekretär Kurz zu ihm ins Ressort wechseln - der Traum vom Ministerdasein wäre dann vorerst passé, eine politische Aufwertung wäre der Wechsel aber dennoch.

Ausgemacht ist auch der Abgang von Nikolaus Berlakovich (Burgenland, Landwirtschaft) sowie von Beatrix Karl (Steiermark, Justiz). Als ministrabel wird zwar immer wieder Niederösterreichs Agrarlandesrat Stefan Pernkopf genannt, doch noch ein Niederösterreicher in Spindeleggers Team ist den restlichen acht ÖVP-Landesparteien nicht zuzumuten. Deshalb gilt der Tiroler Landesrat und Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler, Jahrgang 1961, als Favorit für das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium. Als unumstrittener Königsmacher für dieses Amt gilt Bauernbundobmann Jakob Auer. Außenseiterchancen werden der Kärntner EU-Mandatarin Elisabeth Köstinger zugestanden, die jedoch eigenen Angaben zufolge im Mai lieber noch einmal für Brüssel und Straßburg kandidieren möchte.

Dass der Name der 35-jährigen Kärntnerin dennoch hartnäckig im Spiel bleibt, hat mit einem strategischen Defizit der Volkspartei zu tun: Dem Regierungsteam drohen die Frauen auszugehen.

Neue Gesichter für Wissenschaft und Justiz?

Sollte der Tiroler Geisler das Rennen machen, ist das gleichbedeutend mit dem Abschied von Karlheinz Töchterle (64) aus dem Wissenschaftsministerium: Zwei Tiroler sind dann doch einer zu viel im ÖVP-Team. Allerdings hat Landeshauptmann Günther Platter zuletzt keine Gelegenheit ausgelassen, sich für Töchterle starkzumachen. Wie dem auch sei. Dessen Stelle könnte im Fall der Fälle die oberösterreichische Landesrätin Doris Hummer übernehmen. Die 40-Jährige könnte Landeshauptmann Josef Pühringer über einen allfälligen Abgang Maria Fekters hinwegtrösten - und, wie es der Zufall so will, stammt Hummer auch noch aus dem Wirtschaftsbund. Zögern lassen könnte Hummer womöglich noch der Umstand, dass sie Mutter eines erst einjährigen Sohnes ist. Dafür würde eine Oberösterreicherin der geplanten neuen Medizin-Universität in Linz wohl kräftig Rückenwind verschaffen.

Bleibt noch die Frage, wer Beatrix Karl als Justizminister nachfolgt. Das Amt gilt in Koalitionen seit jeher als höchst sensibel, weshalb immer wieder auch parteifreie Minister betraut wurden. Eine solche Lösung ist auch derzeit in Diskussion, als eine Kandidatin gilt Brigitte Bierlein (64), Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs. Für gestandene Sozialdemokraten könnte die parteifreie Juristin allerdings zu sehr ÖVP-Schlagseite aufweisen. An einem roten Veto dürfte auch die Denkvariante einer Justizministerin Fekter scheitern.

Überhaupt kursiert in der SPÖ durchaus die Idee einer Rochade, die Lust auf das Justizministerium ist dabei groß, im Gegenzug könnte das Verteidigungsministerium zur ÖVP wechseln. Verteidigungsminister Klug (45) können sich manche in SPÖ-Kreisen offensichtlich gut als Justizminister vorstellen, das entsprechende Studium hat er absolviert. Allerdings ist schwer vorstellbar, warum die ÖVP das Justizressort gegen die Mängelverwaltung beim Militär tauschen sollte.

An der Gerüchtebörse taucht auch immer wieder der Name Michael Ikraths als Kandidat für das Justizministerium auf. Bis Oktober fungierte der Generalsekretär des Sparkassenverbands auch als Justizsprecher der ÖVP, allerdings verweist Ikrath selbst diese Option ins Reich der Märchen.

Zumindest was die Personen angeht, haben SPÖ und - vor allem - ÖVP Raum für Überraschungen.