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Beim Skispringen und auch beim Skifahren ist es wie mit dem Fußball. Zumindest in Österreich, wo scheinbar die Liebe von Fans und Kommentatoren nur über eine einzige Konstante gewonnen werden kann: Erfolg. Oder anders ausgedrückt: So lange "unsere Burschen" von einem Triumph zum nächsten eilen und überall Reinhard Fendrichs "I am from Austria" rauf und runter gespielt wird, ist die Welt in Ordnung und der eigene Status als Sportnation Nummer eins bestätigt. Aber wehe, wenn einmal Misserfolg und "mentale Schwäche" in ÖSV und ÖFB Einzug halten, dann geht das Gezeter erst richtig los. Auf die erste kleine Kritik folgen trommelnde Schuldzuweisungen, dann rollen Köpfe - und auf den Sofas vor den TV-Geräten wollen sieben Millionen selbst ernannte Trainer und Experten wissen, wie es richtig geht.
Was im Herbst in der heimischen Fußball-Nationalmannschaft zu beobachten war, spielt sich nun also auch bei den Skispringern ab. Nur dass anstelle von Coach Marcel Koller und Superstar David Alaba ÖSV-Trainer Heinz Kuttin und Doppelweltmeister Stefan Kraft am Pranger stehen. Und da ist gewiss nicht alles, was behauptet wird, unbedingt wahr. Was aber wahr ist - und das trifft auf die ÖSV-Adler zu - ist, dass man sich vom Erfolg hat blenden lassen und die Nachwuchsarbeit (wie früher auch beim ÖFB) vergessen hat. Wie machen das eigentlich die Damen? Dort gibt es, wenn es unrund läuft, kaum großes Gejammer. Dafür ist bei einem Triumph der Jubel umso größer, wie etwa die Ski-WM und Frauen-EM 2017 gezeigt haben. Vielleicht täten die Herren besser daran, ihre hohen Erwartungen runterzuschrauben, dann ist auch die Enttäuschung nicht so groß, wenn es nicht klappt.