Zum Hauptinhalt springen

Wer - wenn nicht James Bond?

Von Judith Belfkih

Kommentare
Judith Belfkih, stellvertretende Chefredakteurin der "Wiener Zeitung".

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Ausgerechnet James-Bond-Darsteller Daniel Craig soll gegen die ungeschriebenen Gesetze der Männlichkeit verstoßen haben. Das ist jener klischeebehaftete Kodex, der an sich nicht existiert und nur über das Attribut unmännlich in alle möglichen Richtungen negativ abgegrenzt wird. Craig wurde für seinen vermeintlichen Verrat sofort mit Häme übergossen. "Oh 007... nicht auch noch du?!!!", hat der britische Moderator Piers Morgan ein entsprechendes Foto des Schauspielers in den Sozialen Medien kommentiert, gefolgt von dem Schlagwort "entmannter Bond". Und welche entmannende Tatsache zeigt das Bild? Craig mit seiner neugeborenen Tochter. In einer Babytrage um des frischgebackenen Vaters Bauch gebunden.

Doch die Häme war nur von kurzer Dauer. Im Netz entbrannte eine männlich dominierte Debatte über die abstruse verbale Aburteilung. Zahlreiche Männer teilten Fotos von sich mit dem Nachwuchs - in Babytragen. Dazu kritisierten die Väter wortgewandt das enge Geschlechterbild des Moderators. Sogar Captain-America-Darsteller Chris Evans schaltete sich ein und fragte, wie sehr man als Mann innerlich verängstigt sein müsse für eine derartige Meldung.

Das Schöne an der Geschichte: Durch die Sozialen Medien dreht sich so manches dumpfe Klischee, wird aus der Brandmarkung eines Verlierers ein positiver wie wegweisender Stereotyp. Und plötzlich hat Craig die Regeln der Männlichkeit nicht einfach nur gebrochen: Nein, er hat sie neu und zeitgemäß umgeschrieben. Wozu ist er schließlich James Bond?