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EU-Zentralbank präsentiert heute erstmals Vermögensbericht für Eurozone.
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Wien/Frankfurt. Über Geld redet man nicht: Der Satz stammt gefühlt aus einer anderen Epoche. Ein Aspekt der Schuldenkrise der öffentlichen Haushalte ist, dass sich die Öffentlichkeit mit Interesse den privaten Vermögensverhältnissen zugewandt hat. Dabei gilt das Augenmerk dem Verhältnis zwischen Arm und Reich. Das wird auch heute, Dienstag, nicht anders sein, wenn die Europäische Zentralbank erstmals eine Studie über Vermögensverteilung in der Eurozone präsentiert.
Debatte um Berechnung
Wie solche Berechnungen erhoben werden, ist seit längerem Gegenstand heftiger politischer (und auch wissenschaftlicher) Auseinandersetzungen. Was wenig verwundert, schließlich werden aus den jeweiligen Ergebnissen teils höchst konträre politische Schlussfolgerungen gezogen.
Ein Beispiel: Als Anfang Oktober die Nationalbank eine Studie präsentierte, die zum Ergebnis einer "ausgeprägten Rechtsschiefe der Vermögensverteilung" kam, konterte die Wirtschaftskammer mit einer Studie des Instituts für Höhere Studien, die eine deutlich geringere Ungleichverteilung diagnostiziert. Laut OeNB-Studie kommen 40 Prozent der Haushalte auf ein Nettovermögen (i.e. Finanz- und Sachwerte minus Schulden) zwischen 0 und 50.000 Euro, während elf Prozent der Haushalte über ein Vermögen von mehr als 500.000 Euro verfügen. Die Hälfte der Haushalte (Medien-Verteilung) besitzt demnach weniger als 76.000 Euro Nettovermögen. Sozialdemokraten und Grüne ziehen daraus den Schluss, dass es dringend geboten sei, zusätzliche Formen der Vermögensbesteuerung einzuführen.
Der Konter ließ nicht lange auf sich warten. Im Februar präsentierte die Wirtschaftskammer und ÖVP eine IHS-Studie, nach der die Vermögensverteilung ungleich gleichmäßiger ausfällt als im Bericht der Nationalbank. Wie ist schnell erklärt: Das IHS bezieht in seine Berechnung auch durch Beitragsleistungen erworbene Versicherungs- und Pensionsansprüche in die Vermögensrechnung mit ein. Rechnet man dann noch die Transferleistungen hinzu, erreicht Österreich einen Spitzenplatz in Sachen Verteilungsgerechtigkeit - noch vor Schweden und Norwegen. Naheliegenderweise unterstützt diese Studie die Überzeugung der ÖVP, die zusätzliche Vermögenssteuern ablehnt.
Wie reich ist der Süden?
Was Europa angeht, so hat die Deutsche Bundesbank im vergangenen März Zahlen präsentiert, die vor allem bei unseren Nachbarn für heftige Debatten gesorgt haben. Demnach waren die Privatvermögen der Privathaushalte in Deutschland deutlich kleiner als jene in den Euro-Krisenländern. Im Mittelwert (berechnet wiederum nach Medianwert) kommt Deutschland auf 51.400 Euro Netto-Haushaltsvermögen, Italien auf 163.800 und Spanien auf 178.000 Euro. Als eine Erklärung dafür wird angeführt, dass Südeuropäer über ein höheres Immobilienvermögen verfügen. Österreich liegt hier bei 76.400 Euro Privatvermögen.