Österreichs Politik ist auf dem Weg dazu, so zu werden, wie sie sich derzeit darstellt.
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Die unverstellte Natur des politischen Österreichs treibt nicht nur den Bundespräsidenten um, der sich dieser Frage mit dem oft paraphrasierten und beschwörenden Satz "So sind wir nicht!" ex negativo annäherte. Deshalb an dieser Stelle der konkretere Versuch einer Antwort:
Es ist unübersehbar, dass in Österreich eine im Vergleich zum europäischen Norden andere Kultur des Umgangs mit rechtlichen wie politischen Vorwürfen vorherrscht. Es spricht einiges dafür, dass in Deutschland, den Niederlanden oder Skandinavien ein Finanzminister, gegen den als Beschuldigten ermittelt wird und bei dem bereits eine Hausdurchsuchung stattgefunden hat, zurücktreten würde, wenn nicht binnen Tagen die Vorwürfe überzeugend entkräftet werden könnten. In Österreich ist die vorherrschende Toleranzfrist länger, und dies längst nicht nur bei der ÖVP.
Das hat mit Sicherheit auch - wenngleich nicht nur - mit dem Versagen der öffentlichen Debatte zu tun. Diese kennt keine allgemein nachvollziehbaren Kategorien für das Etikett "Skandal" oder die Forderung nach einem Rücktritt, weil beides der absichtsvollen Willkür einer parteipolitischen Bewertung überlassen ist. Zu oft geschieht es, dass sich auch manche Medien vor diesen Karren spannen lassen. Misstrauen und Kontrolle würden dann nicht mehr gegenüber allen Mächtigen gleichermaßen gelten, sondern nur noch gegenüber den politisch Missliebigen.
Dazu passt, dass auch das Bild der zentralen Kontrollinstitutionen der Republik zwischen Schwarz und Weiß pendelt. Noch jede Wahl eines neuen Rechnungshofpräsidenten wurde bisher unter dem öffentlichen Eindruck abgehalten, wenn sich der Kandidat der Parlamentsmehrheit durchsetze, sei es mit der Unabhängigkeit der Institution vorbei. Ähnliches wiederholt sich verlässlich, wenn es etwa um die Bestellung von Verfassungsrichtern oder auch Führungspositionen im ORF geht.
Wie ist dieses Österreich also? Österreich mag ökonomisch und im europäischen Allianzbündnis eher zu Nordeuropa zählen, sozio-kulturell sind wir eindeutig gen Süden gerückt. Einst haben SPÖ und ÖVP "kan Richter ’braucht", wenn um Macht und Einflusssphären gerungen wurde, mittlerweile ist die Justiz fester Bestandteil fast aller mit Härte und Unerbittlichkeit ausgetragenen politischen Konflikte.
Sollte das am Ende zu einer erneuerten wie gereinigten politischen Kultur führen - wunderbar. Derzeit ist allerdings eher das Gegenteil wahrscheinlicher. Das hieße nämlich, dass Österreichs Politik auf dem Weg dazu ist, genau so zu werden, wie sie sich derzeit darstellt.