Zum Hauptinhalt springen

Wer zahlt, schafft an: Ethik im Spendenwesen an den Universitäten

Von Eva Stanzl

Wissen
Spendernamen zieren US-Unis. In Österreich ist dies noch nicht üblich.
© Archiv

Hochschulen sollen private Gelder einwerben - nun sollen Verhaltensregeln verhindern, dass Spender zu viel Einfluss nehmen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Österreichs Hochschulen sind dazu angehalten, aktiv Gelder aus der Wirtschaft einzuwerben, denn die staatlichen Mittel steigen weniger als die Profite von Unternehmen und gemeinnützigen Stiftungen. "Stiften für die Forschung" ist das Ziel des heuer neuen Stiftungsrechts - die Reform begünstigt Spenden und soll den Hochschulen helfen, mehr private Gelder einzuwerben. Denn das Land benötigt neue Medikamente, neue Impfungen, neue Mobilität, Materialien, Leiterplatten, Computer - in Summe alles, was nur Wissenschaft hervorbringt.

Doch wer zahlt, schafft an - und die neuen Zuwendungen könnten auch neue Pflichten bringen. Der deutsche Jurist Gerhard Caspar, ehemaliger Präsident der amerikanischen Eliteuniversität Stanford, die stark von ihren Mäzenen lebt, betonte in einem Interview mit der Austria Presse Agentur, dass große Förderstiftungen - wie Volkswagen, Thyssen, Ford oder Rockefeller - sehr klare Vorstellungen haben von dem, was sie bewirken wollen, und dabei durchaus andere Interessen verfolgen als die Universitäten. Ähnlich formuliert es Markus Scholz, Professor für Corporate Governance und Wirtschaftsethik an der Fachhochschule Wien: "Die Zusammenarbeit mit Stiftungsunternehmen kann die Forschungsagenden verändern."

Weniger privat, aber umso heißer diskutiert wurde die Tatsache, dass das US-Verteidigungsministerium in Österreich universitäre Forschung fördert: Soll es, darf es das? Und müssen wir, die Öffentlichkeit, das wissen? Die von der "Wiener Zeitung" aufgedeckte Story führte zu einer parlamentarischen Anfrage und einer Diskussion über Ethik im Drittmittel- und Spendenwesen. Doch während hierzulande die meisten Drittmittel von Förderagenturen kompetitiv vergeben werden, stellen sich bei privaten Mitteln neue Fragen.

Welche Abhängigkeiten ergeben sich aus Spenden? Gibt es Grenzen, von wem eine Hochschule Geld annehmen darf, kann oder will? Wie viel Transparenz ist nötig und verträglich? Sollen die Unis ihre Geldquellen offenlegen, oder - ganz im Gegenteil - die Spender anonym bleiben? Welche Gefahren bergen hohe Summen aus privater Hand für die Freiheit der Forschung? Fällt sie dem Kampf um neues Geld zum Opfer, indem die Hochschulen für eine gute Finanzierung ein Auge zudrücken? Ist das Ideal der unabhängigen Wissenschaft, frei von ökonomischen Interessen, so es das je gegeben hat, bald tot?

Das ist es nicht, war der Tenor bei einer Diskussion zum Thema "Ethik im Hochschulfundraising" des österreichischen Fundraising-Verbands in Wien Anfang der Woche. Die Voraussetzung ist, dass in Verträgen transparent gemacht wird, von wem die Gelder stammen und ob es sich um ergebnisoffene Grundlagenwissenschaft oder Auftragsforschung mit definierten Zielen handelt. "Mit maximal zwei Prozent des Gesamtvolumens ist das Spendenwesen an Österreichs Hochschulen im Vergleich zur Schweiz oder zu Deutschland noch gering - und mir ist derzeit kein Fall eines von ethischem Fehlverhalten bekannt", betonte Gerhard Kratky, der für den Wissenschaftsfonds FWF private Gelder aus der Wirtschaft für die Forschung sucht. "Es wird sehr wichtig sein, Transparenz-Kriterien einzuhalten - man muss allerdings auch aufpassen, dass nicht unter dem Deckmantel der Ethik private Einnahmen erschwert oder gar verhindert werden."

Vorreiterrolle in Europa

Fundraising Verband, Wissenschaftsministerium und FWF haben nun einen Entwurf mit dem etwas sperrigen Namen "Fundraising Code of Conduct für Hochschulen, Forschungs- und Fördereinrichtungen" vorgelegt. Die Initiative hat eine Vorreiterrolle in Europa, denn derzeit wirbt in den meisten Ländern jede Institution private Mittel nach ihren eigenen Regeln ein. Das Papier soll Hochschulen vor unzulässiger Einflussnahme von Mäzenen schützen. Demnach sollen Hochschulen Zuwendungen ablehnen, wenn die Gelder aus Steuerhinterziehung, Betrug und anderen kriminellen Aktivitäten stammen, oder durch Verletzung der Menschenrechte verdient wurden. Sie dürfen die Freiheit der Wissenschaft nicht beschränken und dürfen keine Interessenskonflikte mit den Zielen der Hochschule auslösen. Allerdings räumen die Autoren ein: "Die Privatsphäre vom Spender wird berücksichtigt. Jegliche Dokumentation von Daten wird vertraulich behandelt." Glasklare Transparenz ist das somit noch nicht - allerdings soll das Papier noch überarbeitet werden, verspricht der Fundraising Verband.

"Der Entwurf soll bis Ende des Jahres mit den Vizerektoren für Forschung und Budget der Universitäten und den Forschungsförderagenturen diskutiert werden, um deren Positionen einzubeziehen", erklärt die Sektionschefin im Wissenschaftsministerium, Barbara Weitgruber. Im ersten Quartal 2017 sollen die Leitlinien als Basispapier den Institutionen zur Verfügung stehen.

"Je größer die Uni, desto wichtiger ein Code of Conduct. Sonst wirbt jede Abteilung nach eigenen Regeln", sagte Katja Bär, Leiterin für Fundraising der Universität Mannheim. Doch auch hier wird der Teufel im Detail zu finden sein: "Wir Fundraiser brauchen solche Leitlinien, die es ja weder in der Schweiz noch in Deutschland gibt. Dennoch müssten wir von Fall zu Fall überlegen, wie wir diese Regeln anwenden", sagt Markus Schaad, Geschäftsführer der Stiftung für wissenschaftliche Forschung der Universität Zürich.