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Wer zu spät berichtet

Von Christoph Rella

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"Guten Abend, liebe Zuseher, aus Kitzbühel, Radsport vom Feinsten ist wieder einmal garantiert, die dritte Etappe der internationalen Österreich-Rundfahrt steht am Programm." Man muss sagen, der ORF hat Humor. Oder er lebt in einer anderen Zeitzone.

Immerhin war das von Reporter Roland Hönig am Dienstag im Rahmen einer Abendsendung (20.15 Uhr MESZ) angekündigte Sportereignis zum Zeitpunkt dieser Begrüßung bereits vorbei. Der Sieger der dritten Etappe stand schon seit Stunden fest. Dass der Mann Thor Hushovd heißt und aus Norwegen kommt, erfuhr man von Hönig und seinem Gegenüber Gerhard Zadrobilek nicht. Stattdessen rätselten beide vor laufender Kamera, wie wohl Riccardo Zoidl und Bernhard Eisel abschneiden würden. Und das klang unter anderem so: "Dritter und bester Österreicher ist Zoidl, wird sich da deiner Meinung nach was tun?" Antwort von Zadrobilek: "Eher nicht." Hallo?

Nun mag es schon stimmen, dass dieses Gespräch tatsächlich vor Beginn der Etappe aufgezeichnet wurde und das ORF-Team gar nicht umhinkam, als sich im Kaffeesudlesen zu üben. Allein, wen bitteschön interessiert das zwölf Stunden später, als das Ergebnis bereits feststand? Vielleicht wäre es intelligenter gewesen, die Rundfahrt doch live zu übertragen, als die Zuseher im Hauptabendprogramm auf diese Weise auf den Arm zu nehmen. Dass es an Geld mangelt, kann angesichts der Mittel, die das Staatsfernsehen für humorvolle Nachberichterstattungen zur Verfügung hat, keine Ausrede sein. Es mag 24 Zeitzonen geben, die Rundfahrt gibt es nur einmal.