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Werbegiganten setzen Sparstift an

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

WPP überholt Omnicom als größter globaler Werbemulti. | Experte: Networks sind Erfordernissen kleinerer Märkte nicht gewachsen. | Wien. Die globalen Werberiesen sind zwar nach einem harten Jahr 2009 wieder im Aufwind - für Werbeagenturen in Österreich ist die Anbindung an ein Netzwerk aber nicht immer ein Segen: Namhafte Agenturen wie Saatchi & Saatchi sind von der österreichischen Bildfläche verschwunden, im Jänner gingen die Schwesteragenturen McCann Erickson und Lowe GGK eine "strategische Allianz" ein.


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An der Weltspitze hat der britische Konzern WPP 2009 Omnicom als umsatzstärkstes Werbeunternehmen abgelöst, wie eine Analyse von Marketing Services Financial Intelligence im Jänner 2011 ergeben hat. Profitiert habe der Konzern von der Übernahme des britischen Marktforschungsinstituts Taylor Nelson Sofres (TNS). Nach Umsatzzuwächsen 2010 (genaue Zahlen werden erst bekanntgegeben) erwartet WPP-Chef Sir Martin Sorrell für 2011 drei bis vier Prozent Umsatzwachstum und hofft auf den chinesischen Markt.

Mit 666 Milliarden Dollar Gewinn 2009 konnte WPP jedoch nicht mit dem bisherigen Branchenprimus Omnicom mithalten, der trotz eines Minus von 21 Prozent 793 Millionen Dollar Gewinn machte. Das US-Unternehmen wurde von gekürzten Budgets großer Kunden sowie der Pleite des Autobauers Chrysler getroffen. Für 2010 meldete Omnicom nach neun Monaten jedoch wieder steigende Umsätze und Gewinne.

Ein Umsatzplus peilte 2010 auch die französische Publicis an. Der drittgrößte Werbekonzern weltweit baut derzeit sein Digitalgeschäft durch Zukäufe aus.

"Leider regieren oft die Buchhalter"

Auf Rang vier ist die Interpublic Group of Companies abgestiegen, die ihr Werbenetzwerk mit den Agenturen Draftfcb, Lowe Worldwide und McCann Erickson weltweit gespannt hat. In Österreich soll die "strategische Allianz" von Lowe GGK und McCann Erickson "größtmögliche Synergien" in den Backoffice-Bereichen schaffen, heißt es. McCann Erickson zieht ins Lowe-GGK-Büro in der Mariahilfer Straße. Eine Fusion der Agenturmarken schließen die Beteiligten aus.

In der Branche wird die Allianz jedoch als Anzeichen gesehen, dass Werbegiganten den Sparstift ansetzen und prüfen, ob sie sich mehrere Marken in einem kleinen Land wie Österreich leisten wollen. "Das Zusammenlegen international einst berühmter Agenturmarken ist ein Offenbarungseid: Weil es zeigt, dass die Networks nur noch global ausgerichtet sind und den Erfordernissen vitaler kleinerer Märkte wie Österreich nicht gewachsen sind", meint etwa Mariusz Jan Demner, Chef von Demner, Merlicek & Bergmann, der größten Werbeagentur Österreichs, die mit Kunden wie XXXLutz und OMV in 15 Ländern präsent ist.

Die Werbemultis kamen in den 90er Jahren nach Österreich, damit sie internationalen Kunden vor Ort betreuen können. "Vor 20 Jahren hat jedes namhafte internationale Network bei uns angeklopft. Keines konnte uns davon überzeugen, dass ein solcher Schritt Vorteile für uns haben würde außer jenen, dass unsere Geldbeutel reicher, aber unsere Herzen ärmer würden", sagt Demner.

Agenturnetzwerke nutzen die Wiener Büros oft als Drehscheibe für Osteuropa - zudem können die Mitarbeiter auf Know-how innerhalb des Konzerns zurückgreifen und internationale Marken lokal betreuen. Das Kreative unterliegt aber meist strengen, international einheitlichen Vorgaben.

Nach einer Fusionswelle in den vergangenen Jahren stehen die Netzwerke in Österreich einer breiten Front an eigentümergeführten Agenturen wie D,M&B, Dirnberger De Felice Grüber oder Wirz sowie Spin-Offs wie Nitsche gegenüber, die sich mit einem Werbeetat selbständig gemacht haben (siehe Artikel unten).

"Seit den 90er Jahren haben viele Werbemultis enorm an Etat verloren", sagt Christoph Bösenkopf, Chef der inhabergeführten Werbeagentur Wirz. Er selbst kennt "beide Welten": Wirz ist mit 70 Prozent an Leo Burnett in Wien beteiligt, das zu Publicis gehört. "In vielen Netzwerkagenturen regieren leider die Buchhalter", sagt Bösenkopf.