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Werbung mit dem Körper

Von Kerstin Viering

Wissen
Attraktive Tänzer haben lange Ringfinger.
© Steve Prezant/Mint Images/corbis

Was gute Tänzer von schlechten unterscheidet, lässt sich wissenschaftlich untersuchen.


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Berlin. Bisher keine gute Figur gemacht beim Tanzen? Vielleicht lag es ja am zu schwachen Händedruck. Oder an den Geschlechtshormonen. Oder an einer Asymmetrie des Körpers. Oder an geringer Beweglichkeit im rechten Knie. Das alles kann Studien zufolge Einfluss auf die Attraktivität des Tanzstils von Männern haben. Mit moderner Kameratechnik und virtuellen Computer-Tänzern versuchen Wissenschafter den Geheimnissen der schönen Bewegung auf die Spur zu kommen.

Evolutionsbiologen gehen davon aus, dass der Tanz als eine Facette des menschlichen Balzverhaltens entstanden ist. Schließlich gibt es im Tierreich genug Beispiele für komplexe Tänze, mit denen vor allem die Männchen das andere Geschlecht zu beeindrucken versuchen. So präsentieren manche Paradiesvögel wahre Ballettaufführungen, hüpfen dabei von einem Bein aufs andere und bewegen den Kopf ruckartig hin und her. Auch andere Vögel werben mit eleganten Tänzen um ihre Partner.

Selbst etliche Spinnen-Casanovas beherrschen die Kunst der tänzerischen Verführung: Lockendes Winken mit den dünnen Beinen, sanftes Hantieren an den Netzfäden, zwei Schritte vor, einen zurück. Aus dem Takt kommen kann gefährlich werden. Denn die umworbenen Spinnen-Weibchen sind oft körperlich haushoch überlegen. Da braucht das Männchen manchmal nur einen einzigen Fehler zu machen, schon wird es gefressen.

Auch in den Augen anderer Tierweibchen scheinen die Tänze der Männchen eine Art Qualitätscheck zu sein. Schließlich enthalten viele dieser Darbietungen schnelle und akrobatische Elemente, anhand derer sie die körperlichen Kräfte, Geschicklichkeit, Gesundheit oder Kreativität möglicher Partner beurteilen können.

Demonstrieren vielleicht auch Menschen-Männer im Tanz ihre körperlichen Qualitäten? Zeigen also besonders starke oder fitte Männer auch einen besonders attraktiven Tanzstil? Um das herauszufinden, haben Wissenschafter um den Psychologen Nick Neave von der Northumbria University im britischen Newcastle upon Tyne 30 Männer jeweils eine halbe Minute lang zu einem Trommelrhythmus tanzen lassen. Die dabei gezeigten Bewegungen haben sie gefilmt und auf eine virtuelle Kunstfigur übertragen. Schließlich ging es nicht um die Attraktivität von Gesichtszügen, Frisur oder anderen körperlichen Merkmalen, sondern nur um den Tanzstil. Den haben die Forscher dann von Frauen und Männern bewerten lassen.

Zudem mussten sich alle Tänzer verschiedenen Kraft- und Fitness-Tests unterziehen. Als Indiz für die Kraft des Oberkörpers wurde zum Beispiel die maximale Stärke des Händedrucks gemessen. Dabei fiel auf: Je kräftiger der Händedruck, desto besser schnitten die Männer in der Tanzbewertung ab - und zwar bei weiblichen wie männlichen Juroren. Die Signale, die Tänzer aussenden, scheinen sich also keineswegs nur an mögliche Partner zu richten, sondern liefern auch heterosexuellen Männern interessante Informationen. Dies könnte ursprünglich dazu gedient haben, die Gefährlichkeit von Rivalen einzuschätzen, vermuten die Wissenschafter.

Dabei sind Stärke und Fitness nicht alles. Studien zeigen, dass symmetrische Körper meist als attraktiver eingestuft werden als asymmetrische. Und offenbar werden einige Weichen schon vor der Geburt gestellt - und zwar vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron. Für Bernhard Fink von der Universität Göttingen und sein Team ist das Längenverhältnis von Zeige- und Ringfinger verräterisch. Es gilt die Faustregel: Je höher die Testosteron-Konzentration in der Gebärmutter war, umso kürzer ist später der Zeigefinger im Vergleich zum Ringfinger. Bewegungen von Männern mit einem besonders "maskulinen" Fingerverhältnis, also sehr langen Ring- und kurzen Zeigefingern, wirkten auf die Frauen attraktiver, dominanter und männlicher.

Erfolgsgeheimnisse

Auch der maskulinste Tanzkünstler kommt aber nicht jeden Tag gleich gut an. Das Team um Fink hat Hinweise darauf gefunden, dass sich die Einschätzung von Frauen im Laufe ihres Menstruationszyklus ändert. Sehr maskuline Tänzer wurden von Frauen in ihrer fruchtbaren Phase als deutlich anziehender empfunden als an anderen Tagen. Kraft, ein symmetrischer Körper, Maskulinität und das richtige Timing bieten Männern also gute Chancen, Frauen tänzerisch zu beeindrucken.

Nick Neave und seine Kollegen konnten mithilfe ihrer virtuellen Computertänzer noch ein paar Erfolgsgeheimnisse lüften. "Wir wissen jetzt, auf welche Körperregionen Frauen schauen, wenn sie die Attraktivität von männlichen Tänzern beurteilen", erklärt der Forscher. Wichtig sind demnach vor allem ausgeprägte und abwechslungsreiche Bewegungen von Hals und Rumpf sowie schnelle Bewegungen des rechten Knies.