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"Werde mir kein Blatt vor den Mund nehmen"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Othmar Karas für Europäisierung der Innenpolitik. | "Die FPÖ leugnet die Fakten." | "Wiener Zeitung": Was ist größer: Ihre Freude über den wiedererlangten ÖVP-Delegationsleiterposten oder die Enttäuschung über die Vorfälle in der Delegation? | Othmar Karas: Die Enttäuschung über die Vorfälle, weil wir mit einem immensen Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust in die Politik und politische Institutionen konfrontiert sind.


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Das kann niemanden freuen, der gerne Verantwortung für Menschen in einer politischen Institution trägt. Diese Vorfälle sind Teil der Wirklichkeit aber nicht gängige Realität. Man darf aber nicht zur Tagesordnung übergehen.

Wie erklären Sie sich, dass sich diese Vorfälle gerade in der ÖVP-Delegation gehäuft haben?

Es hat zwei Fälle gegeben, die voneinander völlig unterschiedlich sind und es gibt in beiden Fällen ordentliche Gerichtsverfahren. In einem Fall wurden die Regeln des Parlaments und die moralischen und ethischen Grundsätze nicht eingehalten. Das ist passiert, wir haben die Konsequenzen gezogen und beginnen einen Neuanfang.

Muss sich die ÖVP zu Hause mit Ihrem neuen Job künftig mehr oder weniger vor Ihnen fürchten? Sie haben sich ja schon bisher oft kein Blatt vor den Mund genommen.

Das wird auch weiterhin so sein. Dabei geht es nicht um Angst, denn ich bin ein Politiker, der Angst nehmen will. Aber zur Politik gehört auch eine Auseinandersetzung über Inhalte. Sie ist nicht nur eine Frage der Einhaltung von Regeln, sondern bedeutet auch Veränderung. Für mich ist die neue Funktion ein zusätzliches Instrument, darf aber kein Korsett sein.

Was muss sich in der österreichischen Politik ändern?

Sie muss alles daran setzen, dass Europapolitik nicht gegen die Innenpolitik ausgespielt wird. Es gibt in allen Politikfeldern eine europäische Mitverantwortung, die wir auch in der innenpolitischen Debatte nicht vernachlässigen dürfen. Europa ist ein Teil der Lösung und nicht die Ausrede für Fehler.

Warum haben EU-kritische Strömungen wie die FPÖ in Umfragen Oberwasser?

Weil wir die Wirklichkeit nicht ausreichend kommunizieren. Wir machen zu wenig Europapolitik.

Bei der FPÖ und anderen EU-Skeptikern handelt es sich um Realitätsverweigerer?

Es gibt überall Europaskeptiker und ich greife niemanden an. Aber es geht um die kritische Auseinandersetzung. Die FPÖ spielt Österreich gegen Europa und Österreicher gegen Ausländer aus. Wir dagegen wollen ein neues Miteinander schaffen und den Respekt voreinander erhöhen. Die Aufrichtigkeit macht den Unterschied: Die FPÖ leugnet die Fakten. Sie spielt mit den Emotionen der Bürger, statt einen Lösungsbeitrag zu leisten.