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Philippa Strache kann in den Nationalrat einziehen, die Aufnahme in den FPÖ-Klub bleibt ihr aber verwehrt. Was droht nun den Freiheitlichen?
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Wien. Philippa Strache kann in den Nationalrat einziehen. Das entschied die Wiener Landeswahlbehörde am Mittwoch. Ein Kandidat könne nicht auf ein Grundmandat in seinem Wahlkreis verzichten und stattdessen ein Mandat auf der Landesliste annehmen, hieß es seitens der Behörde. Auf diese Vorgangsweise hatte sich die Wiener FPÖ am Montag verständigt, damit Philippa Strache um ihr Mandat umfällt.
Strache stand bei der Nationalratswahl an dritter Stelle der Wiener FPÖ-Landesliste. Aufgrund des schwachen Ergebnisses fielen der Wiener FPÖ aber nur zwei Mandate zu. Der Listenzweite und bisherige Nationalratsabgeordnete Harald Stefan hatte aber auch im Wahlkreis Wien Süd ein Grundmandat erzielt. Die Wiener FPÖ beschloss, dass Stefan auf dieses Grundmandat verzichten soll, damit Strache nicht auf den zweiten Platz nachrücken kann. Diese Wahlmöglichkeit bestehe gesetzlich aber nicht, urteilte die Wahlbehörde. Sie hat Stefan das Grundmandat zugewiesen. Nun kann Philippa Strache entscheiden, ob sie das Mandat annimmt.
Eine etwaige Aufnahme in den FPÖ-Parlamentsklub bleibt Strache verwehrt, wie Bundesparteiobmann Norbert Hofer und der designierte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl mit Verweis auf die Ermittlungen in der Spesenaffäre klarstellten. Sie kritisierten die Entscheidung der Behörde, nahmen sie aber zu Kenntnis. Es bleibt daher die Möglichkeit, dass die Ehefrau des früheren Vizekanzlers als wilde Abgeordnete einzieht.
Die FPÖ muss sich also weiterhin mit den Straches beschäftigten, von denen sie sich eigentlich distanzieren will. Denn auch mit Heinz-Christian Strache könnte es zur Konfrontation kommen: Er hat zwar erst in der Vorwoche angekündigt, sich aus der Politik zurückzuziehen. Das könnte sich nun aber nach der Konfrontation um das Mandat seiner Ehefrau ändern. FPÖ-Obmann Norbert Hofer hatte zuletzt das Verhältnis zu Strache als "zerrüttet" eingestuft.
Am Dienstag teilte Strache auf Facebook bereits einen Artikel, laut dem eine Liste Strache den Einzug in den Nationalrat schaffen würde. Gerüchteweise kokettiert Strache bereits mit einem Antritt bei der Wien-Wahl 2020. Das Gespenst einer Spaltung geht um.
Trennungsreiche Geschichte
Es wäre nicht die erste Aufspaltung des Dritten Lagers. Der 1949 gegründete Verband der Unabhängigen (VdU) diente als Sammelbecken für liberale, nationale und protestorientierte Wähler, aber auch für Nazis. Es folgten interne Reibereien, 1955 wurde die FPÖ gegründet, 1956 der VdU aufgelöst. Der erste FPÖ-Obmann und hochrangige Ex-NSDAP-Funktionär Anton Reinthaller fuhr einen klar rechtsnationalen Kurs.
Innenpolitisch blieb die Partei weitgehend isoliert. Die FPÖ stützte mit ihrem Langzeitobmann Friedrich Peter 1970 jedoch die SPÖ-Minderheitsregierung unter Bruno Kreisky, von 1983 bis 1986 koalierte die FPÖ unter ihrem als liberal geltenden Obmann Norbert Steger mit der SPÖ.
Der Rechtspopulist Jörg Haider rebellierte, mit seiner Übernahme der FPÖ 1986 sprengte er die rot-blaue Koalition. Haider setzte auf Stimmenmaximierung, 1992 etwa mit dem Volksbegehren "Österreich zuerst", mit dem eine harte Anti-Ausländerpolitik gefordert wurde. Der scharfe Kurs ging einigen FPÖlern zu weit. Sie gründeten 1993 unter Führung von Heide Schmidt das Liberale Forum, dem nach Achtungserfolgen kein dauerhafter Erfolg beschieden war.
Im September 2002 führte der von Kärnten ausgehende Aufstand in Knittelfeld gegen das FPÖ-Bundesregierungsteam von Susanne Riess-Passer zum Ende der schwarz-blauen Koalition. 2005 spaltete sich Haider mit dem Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) ab. Das BZÖ setzte auf eine wirtschaftsliberale Politik und einen gemäßigteren Kurs samt einer Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP. Der harte nationale Kern blieb bei der FPÖ und ihrem Obmann Strache. Mit dem Tod Haiders 2008 begann auch der Abstieg des BZÖ.
Ist nun Strache, der die FPÖ von Wahlerfolg zu Wahlerfolg geführt hat, der neue Spaltpilz? Die Ausgangslage ist jedenfalls eine andere. Sowohl Herbert Kickl als auch Strache repräsentieren den nationalen Kern der Partei. Es ist nicht zu erwarten, dass Strache mit einer eigenen Liste eine liberale Wiedererweckung des Dritten Lagers vorschwebt. Die FPÖ bereitet sich offiziell auf die Opposition vor, mit einer restriktiven Asyl- und Sicherheitspolitik möchte sie eine "Wählerrückholaktion" starten. Die Parteien würden sich also um dieselbe Wählerklientel duellieren.
Unangenehm könnten für die FPÖ und insbesondere für Strache die laufenden Ermittlungen der Justiz vor allem rund um dessen Spesen werden. Diese werden auch als Hauptgrund genannt, warum sich Strache die Gründung einer eigenen Liste vorerst offenhält und letztlich davon Abstand nehmen könnte.
Straches Legitimitätsproblem
Schon bei der Nationalratswahl wurde die Spesenaffäre als ein Hauptgrund für den FPÖ-Absturz genannt. Auch wenn sie vielleicht keine straf-rechtlichen Folgen mit sich bringt, hat Strache durch sie ein Legitimitätsproblem: Ausgerechnet ein Spitzenpolitiker, der betont, für den "kleinen Mann" einzutreten, erhielt monatlich mehrere tausend Euro Zuschüsse aus Steuergeldern?
Erste Konflikte zwischen der freiheitlichen Partei und Strache sind programmiert. Die FPÖ hat Strache vorerst die Administratorenrechte für seine Facebook-Seite entzogen. Strache hat bereits mitgeteilt, dass er das Recht auf seinen Facebook-Auftritt zurückhaben möchte – notfalls mithilfe einer Klage. Das ist eine wichtige Voraussetzung für einen möglichen Strache-Erfolg: Denn bisher wurden über diese Schiene rund 800.000 Anhänger angesprochen.