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SPÖ-Minister Drozda will Heldenplatz umbenennen. Stadt hält Vorschlag für "interessant". Gegenwind von ÖVP und FPÖ.
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Wien. Am Wiener Heldenplatz entlädt sich eine weitere Koalitionsdebatte. SPÖ-Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) ist für eine Umbenennung in "Platz der Republik" oder "Platz der Demokratie". ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ist dagegen. Nun meldet sich die Stadt zu Wort. Sie steht einer Namensänderung durchaus positiv gegenüber. Harsche Kritik dafür kommt von der Wiener FPÖ.
Drozda hatte eine Umbenennung in einem "Presse am Sonntag"-Interview als "adäquater" bezeichnet "als die historisch doch einigermaßen belastete aktuelle Variante". Gemeint ist damit der 15. März 1938: Adolf Hitler verkündete vom Balkon der Neuen Burg den Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland. Eine prompte Absage kam von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) via Twitter: "Der #Heldenplatz hat gute und schlechte Zeiten erlebt, aber ist fixer Bestandteil der österreichischen Geschichte", so der ÖVP-Chef. "Dabei soll es bleiben, ich sehe keinen Grund für eine Umbenennung."
"Vorschlag diskussionswürdig"
Die Stadt hingegen bezeichnet den Vorschlag von Kulturminister Drozda als "interessant und diskussionswürdig", wie es aus dem Büro von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) heißt. Es würde Sinn machen, der Republik anlässlich des Jubiläums 2018 den Platz zu widmen. "Denn es handelt sich um den inzwischen wichtigsten Repräsentationsort der Republik", sagt eine Sprecherin. Es sei jedoch auch eine inhaltliche Debatte zu führen. So solle etwa eine zeitgemäße Umgestaltung des Burgtores überlegt werden.
Diese Aussagen stoßen auf harsche Kritik bei der FPÖ. "In einer Stadt, die einem Massenmörder, Folterer, Arbeitslagererrichter und Schwulenhasser wie Che Guevara ein Denkmal setzt, dürfte eigentlich nichts mehr verwundern" schreibt FPÖ-Landesparteisekretär Anton Mahdalik in einer Aussendung. Angesichts von "Schulden, importierter Kriminalität durch die Willkommenskultur, Mindestsicherungsskandalen" bezeichnet er die Umbenennungsdebatte schlicht als "pervers". Rückendeckung für ihren Bundes-Parteivorsitzenden Mitterlehner kommt auch aus der Wiener ÖVP: "Eine plötzliche Umbenennung des Heldenplatzes wäre eine unnötige Geschichtsanpassung", sagt der Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel.
Stellt sich trotzdem die Frage, wer für eine Umbenennung von öffentlichen Verkehrsflächen zuständig ist. In Wien wäre dies prinzipiell das Ressort von Mailath-Pokorny. Ob der Heldenplatz in diese Kategorie fällt oder nur der Bund über ihn verfügen kann, wird im Rathaus derzeit erörtert. Denn er gehört zum Hofburg-Areal und damit zum Eigentum der Republik.
Sollte der Heldenplatz tatsächlich zu einem "Platz der Republik" oder "Platz der Demokratie" mutieren, wären nicht viele Anrainer davon betroffen. Denn die Anschrift "Heldenplatz" haben etwa nur das Kongresszentrum Hofburg Vienna oder die Dependancen des Kunsthistorischen Museums in der Hofburg. Die Nationalbibliothek hingegen hat die Postanschrift Josefsplatz. Die ebenfalls den Heldenplatz überblickende Präsidentschaftskanzlei liegt am Ballhausplatz.
Üblicherweise benennt die Stadt Verkehrsflächen mit bestehenden Adressen nicht um, um niemandem eine Adressänderung aufzuzwingen. Eine Ausnahme gab es 2012: Da wurde der Dr.-Karl-Lueger-Ring in Universitätsring umgetauft. Damit erfüllte man unter anderem einen lang gehegten Wunsch der Universität Wien: Wiens Bürgermeister Lueger (1844-1910) war einer der Begründer des modernen Antisemitismus.
Es ist nicht der erste Versuch, die nationalsozialistische Vergangenheit am Heldenplatz symbolisch neu zu besetzen. Bereits 1965 wurde der Opfer des NS-Regimes gedacht. Das Drama "Heldenplatz" von Thomas Bernhard löste 1988 heftige mediale Debatten aus. Thematisiert wurde unter anderem die Aufarbeitung des NS-Gedankengutes in der Nachkriegszeit. Zu dem von SOS-Mitmensch 1993 initiierten "Lichtermeer" kamen rund 300.000 Teilnehmer. Ziel war es, ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen.
Geschichtsträchtiger Ort
Generell kann der Heldenplatz auf eine geschichtsträchtige Vergangenheit zurückblicken. Alles begann damit, als Napoleons Truppen 1809 die Stadt verließen und die Burgbastei sprengten. Auf einen Wiederaufbau wurde verzichtet, das Areal wurde planiert und begrünt. Angelegt wurden lediglich die Parks Burg- und Volksgarten. Die unbebaute Fläche dazwischen hieß jedoch nicht sogleich Heldenplatz. Volkstümlich wurde sie Promenadeplatz genannt, später lautete die offizielle Bezeichnung Äußerer Burgplatz.
Unter Kaiser Franz Joseph (1830-1916) wurden 1857 Planungen für die Ringstraße verfügt. Im Rahmen dessen wurde die Hofburg umgestaltet. Errichtet wurden auch die beiden Reiter-Denkmäler. Der Heldenplatz war ursprünglich als Teil eines breit angelegten Kaiserforums geplant. Dieses sollte sich von der Hofburg bis zu den Hofstallungen erstrecken. Verwirklicht wurden jedoch nur die Hofmuseen sowie der Trakt der Neuen Burg. 1878 erhielt der Heldenplatz seinen heutigen Namen. In den 1930er Jahren nutze vor allem das NS-Regime den Heldenplatz für Massenveranstaltungen.
Um diese Geschichte einzufangen ist seit drei Jahren in der Neuen Burg ein "Haus der Geschichte" geplant. Dieses soll auf einer Fläche von 1800 Quadratmetern entstehen. Kolportierte Kosten: zehn Millionen Euro. Eröffnen soll es im November 2018 anlässlich des Republikjubiläums.