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Ein großer Teil der Immobilien des Bundes soll veräußert werden. So ist es zumindest in einem der 95 Budgetbegleitgesetze beschlossen worden. Der Finanzminister ist von nun an ermächtigt, die 61.824 Bundeswohnungen samt Sonderimmobilien und noch unbebautem Bauland zu verkaufen. Doch es wird bereits der Verdacht geäußert, dass diese Immobilien viel zu niedrig bewertet wurden, damit finanzkräftige Investoren sich ein Schnäppchen unter den Nagel reißen können.
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Grundlage der Bewertung der Bundesimmobilien ist ein Gutachten der Lehman Brothers. Diese bewerten die fünf ehemals gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften, die sich im Eigentum des Bundes befinden: Buwog Bauen und Wohnen GesmbH, Wohnungsanlagen GesmbH, ESG Wohungsgesellschaft, WBG Wohnung und Bauen Wien, EBS Wohnungsgesellschaft Linz. Die Investmentbank kommt zum Schluss, dass diese fünf Gesellschaften 600 Mill. bis 1 Mrd. Euro wert sind. Allein für das Gutachten wurde ein kolportiertes Beratungshonorar von 10 Mill. Euro bezahlt. Finanzstaatssekretär Alfred Finz bestätigt jedoch nur 5 Mill. Euro.
Für die Bautensprecherin der SPÖ Doris Bures handelt sich um ein "völlig wertloses Gutachten, das den Verwertungserlös nicht beziffern kann". Immobilienexperten sehen die Sache ähnlich. So sei der tatsächliche Wert der Immobilien "ein großes Rätsel". Denn einerseits hätte Lehman nur die Gesellschaften, nicht aber den Wert der Liegenschaften ermittelt. Und andererseits wurde angeblich nach Erstellung des Gutachtens ein beachtliches Paket der BIG (Bundesimmobiliengesellschaft) dazugegeben. Somit kämen zu den 61.824 Wohnungen mit rund 3 Mill. m² Fläche noch 432 Gewerbeeinheiten, 41 Sonderimmobilien (darunter werden wertvolle BIG-Liegenschaften vermutet), dazugehörige Bauträger und Dienstleistungsgesellschaften und 5 Mill. m² unbebautes Bauland.
Bundesrat John Gudenus hat sich informiert und siedelt nun den tatsächlichen Wert dieses Pakets zwischen 1,8 und 3 Mrd. Euro an. Gegenüber der "Wiener Zeitung" äußert er den Verdacht, dass dieses Paket nun viel zu billiig "an potente Investoren verscherbelt werden soll". Das Lehman-Gutachten biete dazu die beste Gelegenheit. Doch sollte die Immobilientransaktion auf "Kosten der Steuerzahler über die Bühne gehen, wäre dies Steuerverschwendung." Gegen diese gebe es, so Gudenus, zwar kein Gesetz, doch immerhin müsste sich der Rechnungshof dann der Angelegenheit annehmen. Für den Pensionistensprecher der FPÖ hat die Steuerreform oberste Prioriät, diese sollte vorgezogen werden. Zu finanzieren wäre sie zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aus den möglichen Erlösen, welche die Bundesimmobilien abwerfen. Gudenus verlangt nun absolute Transparenz und hofft auf die EU. "Solche Verkäufe können nicht unter Zeitdruck und Freunden abgewickelt werden. Es muss eine EU-weite Ausschreibung geben."
Dass aus den fünf Wohnbaugesellschaften samt Sonderposten 3 Mrd. Euro zu lukrieren wäre, ist für den Direktor des Verbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen, Theodor Österreicher zu hoch gegriffen. "Damit eine Steuerreform zu finanzieren, ist aus meiner Sicht unrealistisch." Die Erträge aus den Wohnungen seien nicht beliebig steigerbar, dies wüssten potentielle Käufer auch. Die Lage wäre laut Österreicher anders, hätte man das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert, wie es die ÖVP vorgehabt hatte. Nach ihrem Plan, der am Widerstand der FPÖ scheiterte, sollte bei Neuvermietung nicht mehr der niedrige Richtwert, sondern der Marktpreis verlangt werden können. Nur dadurch aber wäre laut Österreicher der Wert der Bundeswohnungen gesteigert worden. Mit dem großen Pferdefuß, dass alle neuen Mieter der rund 100 österreichweiten Gemeinnützigen Bauträger zum Handkuss kämen. Denn ein Ausnahmegesetz für die fünf Bundesgesellschaften alleine ist nicht machbar. Österreicher geht davon aus, dass die ÖVP noch im Herbst einen neuerlichen Anlauf startet, um die Mieten in die Höhe zu schrauben. Geplant ist jedenfalls, dass die BIG oder die ÖIAG als Zwischenstation fungieren und die Immobilientransaktionen abwickeln. Die BIG hat sich dazu bereit erklärt. Als Investoren steht ein Konsortium aus Raiffeisen OÖ (Chef Ludwig Scharinger will auch beim Kauf der Voest dabei sein), Hypo und Wiener Städtischer schon bereit. Auch Wüstenrot (dort ist Ex-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer mittlerweile Vorstand) wird massives Interesse am Paket nachgesagt. Unklar ist die Rolle des Immoblienmaklers Ernst Plech. Er steht der FPÖ nahe und ist Aufsichtsratsprädient der BIG, der Buwog und auch der Wohnungsanlagengesellschaft. Aus Sicht der Opposition sind diese Funktionen, sowie seine Tätigkeit als Mitglied der Vergabekommission mit seinem Job als Immobilientreuhänder unvereinbar.