Können sich Auftraggeber und Auftragnehmer dank des Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetzes nun in Sicherheit wiegen?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Liegt wirklich ein Werkvertrag vor oder handelt es sich vielleicht doch um einen Dienstvertrag? Über diese Frage mussten sich bisher vor allem Auftraggeber nicht selten den Kopf zerbrechen. Es kam nämlich immer wieder vor, dass im Zuge einer GPLA, also einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben, eine Falschqualifizierung festgestellt wurde. Resultat war, dass die Verträge "umgewandelt" wurden und sich die Auftraggeber mit hohen Nachzahlungen konfrontiert sahen.
Auch wenn es in letzter Zeit - meinen Wahrnehmungen zufolge - insbesondere in der IT-Branche immer wieder zu einer Umqualifizierung von Werkverträgen in Dienstverhältnisse kam, waren jedoch die meisten Branchen von dieser "Gefahr" betroffenen. Die IT-Branche wohl deshalb so stark, weil einerseits viele Start-ups in diesem Sektor tätig sind und diese nicht zuletzt aus Kostengründen eher zu Werkverträgen tendieren. Andererseits könnte das aber auch daran liegen, dass in diesem Dienstleistungsbereich die Zahl der Ein-Personen-Unternehmen (EPU) in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat.
Schritt in die richtige Richtung
Einige Auftraggeber hatten schon seit Jahren das Gefühl, dass über ihnen regelrecht ein Damoklesschwert schwebt, sobald sie einen Werkvertrag mit einem Auftragnehmer abschlossen. Grund dafür waren die finanziellen Folgen, die mit einer Umqualifizierung zusammenhängen - und für manche Unternehmen sogar deren Fortbestehen gefährdeten.
Das Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz (SV-ZG) soll dieser überaus unangenehmen "Überraschung", dass nachträglich ein Selbständiger in einen Dienstnehmer "umgewandelt" wird, und der damit zusammenhängenden Änderung der sozialversicherungsrechtlichen Zuordnung vorbeugen. Das SV-ZG soll daher sowohl für Auftraggeber als auf für Auftragnehmer Rechtssicherheit und damit auch Klarheit schaffen, ob sozialversicherungs- und steuerrechtliche Vorteile greifen. Das Gesetz sieht zu diesem Zweck vor allem folgende zwei neuen Verfahrensarten vor: die Vorabprüfung im Zuge einer Neuanmeldung und die freiwillige (Über-)Prüfung der Erwerbstätigkeit.
Das SV-ZG, das meines Erachtens bereits seit langem dringend notwendig und von Unternehmern hoffnungsvoll erwartet wurde, ist jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Einerseits, um die Unsicherheit, der sich sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer ausgesetzt sahen, zu beseitigen - denn diese ist trotz umfangreicher Judikatur zu der Thematik, wann jemand als Dienstnehmer und wann als Selbständiger anzusehen ist, präsent. Andererseits, um die Gefahr zu minimieren, dass ein Unternehmen aufgrund von Umqualifizierungen und den daraus resultierenden finanziellen Folgen sogar in die Insolvenz schlittert.
Auch wenn seit geraumer Zeit nicht selten zu lesen ist, dass seit 1. Juli 2017 "klare Spielregeln" gelten - da das SV-ZG neue Verfahren festlegt, welche die Versicherungszuordnung regeln - können sich leider auch weiterhin weder Auftraggeber noch Auftragnehmer in vollkommender Sicherheit wiegen. Die Gefahr einer "Umwandlung" wurde zwar durch das neue Gesetz tatsächlich minimiert - dennoch wurde diese durch das SV-ZG nicht völlig ausgeschlossen. Es kann daher durchaus weiterhin zu Umqualifizierungen kommen.
Das resultiert aus der Tatsache, dass eine Versicherungszuordnung zwar für die Gebietskrankenkasse und auch für das Finanzamt bindend ist, dies jedoch nur, wenn der Feststellungsbescheid nicht auf falschen Angaben beruht oder sich der zugrunde liegende Sachverhalt nicht geändert hat. Insbesondere die im SV-ZG enthaltene Voraussetzung, dass sich der zugrunde liegende Sachverhalt nicht geändert haben darf, birgt die Gefahr, dass hier mit dem Argument, dass sich dieser sehr wohl geändert hätte, eine Umqualifizierung durchgeführt wird. Es bleibt daher zu hoffen, dass diese im SV-ZG enthaltene Formulierung derart interpretiert wird, dass sich der Sachverhalt wesentlich geändert haben muss und eine geringfügige und nicht maßgebliche Änderung des Sachverhalts keine Umqualifizierung rechtfertigt. Wie hier in der Praxis vorgegangen werden wird, bleibt abzuwarten.
Nachzahlungen gemildert
Positiv hervorzuheben ist die im SV-ZG meines Erachtens durchaus gelungene beitragsrechtliche Rückabwicklung im Falle einer rückwirkenden Neuzuordnung, also Umqualifizierung, eines Vertragsverhältnisses. Die von den Auftraggebern gefürchteten Nachzahlungen werden durch das SV-ZG zwar nicht völlig beseitigt, jedoch immerhin gemildert.
Das SV-ZG legt nämlich fest, dass alle an die SVA (bzw. SVB) geleisteten Beiträge respektive Beitragsteile zur Kranken- und Pensionsversicherung (im GSVG: auch zur Unfallversicherung) an den für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen sind. Konkret geht es dabei um alle Beiträge/Beitragsteile, die auf die dem Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zuzuordnende Tätigkeit entfallen und daher zu Unrecht nach dem GSVG beziehungsweise BSVG entrichtet wurden. Der Krankenversicherungsträger hat diese Beiträge auf die Beitragsschuld nach dem ASVG anzurechnen, wobei allfällige Überschüsse vom zuständigen Versicherungsträger von Amts wegen an die versicherte Person, also den Dienstnehmer, auszuzahlen sind.
Abschließend ist somit festzuhalten, dass das Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz zwar mehr Sicherheit für die Vertragsparteien bringt -einen völligen Schutz vor Umqualifizierungen und den damit verbundenen Nachzahlungen bietet er jedoch leider nicht.
Gastkommentar
Olivia
Eliasz
ist selbständige Rechtsanwältin (Northcote.Recht) und spezialisiert auf Arbeits- und Immobilienrecht. privat