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Man muss nicht jeden Tag eine mediale Sau durchs Dorf treiben, sagte Wiens Bürgermeister Michael Häupl zur Rede Werner Faymanns, und das ist gut auf den Punkt gebracht. Im Gegensatz zu Josef Pröll, der bei seiner Rede mit dem Transferkonto für gewaltige Aufregung gesorgt hat, hielt Faymann den Ball flach. Nun, Werner Faymann ist so, da können sich noch so viele in seiner eigenen Partei einen "Austro-Obama" wünschen. Er hat mit seinem Fünf-Punkte-Programm klassische sozialdemokratische Themen solide ausformuliert.
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Und sie ohne jeden Zweifel dadurch wieder stärker an sich gezogen. Die große Frage wird nun eher sein, ob seine Partei dahinter in der Lage ist, die Themen auch weiterzuziehen. Das wäre für einige SPÖ-Funktionäre übrigens ein lohnenderes Betätigungsfeld, anstatt sich ständig den Kopf zu zerbrechen, ob Faymann als Bundeskanzler der Richtige ist. Zu Integration und Bildung ist aus der Sozialdemokratie bisher recht wenig gekommen.
Er hat als Regierungschef mit dem Generationenfonds, den Plänen zu Integration und Ausbildung realistische Ziele gesteckt. Insofern hat er - auch das wird ja gerne diskutiert - Führungsqualität bewiesen. Kein Chef, der bei Trost ist, wird seinem Betrieb Ziele auferlegen, die so unerreichbar sind, dass sie eh niemand glaubt. Und mit seiner Forderung, Manager-Gagen über 500.000 Euro nicht mehr als Betriebsausgabe zuzulassen, hat er nicht nur die eigene Klientel zufrieden gestellt.
Am erstaunlichsten an der Rede war aber die europäische Dimension, die im Bundeskanzleramt immer größer wird. Der Ausbau Europas zu einer sozialen Union ist eine Abkehr der bisherigen Praxis. Ob er das durchbringt, muss bezweifelt werden, aber lohnend ist die Idee allemal.
Und Europa ist ein Thema, bei dem sich SPÖ und ÖVP endlich wieder treffen könnten. Die Volkspartei ist in EU-Themen viel deutlicher positioniert. Gemeinsamkeiten kann diese Koalitionsregierung wahrlich gut gebrauchen. Die Stimmung im Herbst war grottenschlecht. Wer noch vier Jahre zusammenarbeiten will (oder muss), geht anders miteinander um. Eine mediale Sau wurde - abgesehen von der Inszenierung - nicht durchs Dorf getrieben, richtig. Aber den meisten ist das Schnitzel auf dem Teller eh lieber.