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Werte Gemeinde!

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

In Österreich gibt es 2357 Gemeinden, 70 Prozent davon müssen mehr oder minder deutliche Defizite hinnehmen. Dieses eher bestürzende Bild ergibt der aktuelle Gemeindefinanzbericht. Das Bestürzende an der Sache ist allerdings die Folgenlosigkeit dieses Tuns.


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Im eher ineffizient organisierten Belgien hat eine Gebietsreform 1977 die Zahl der Kommunen von damals ebenfalls zirka 2400 auf heute 589 reduziert. Kleingemeinden, die kaum genügend Einnahmen hatten, um den Gemeindesekretär zu bezahlen, wurden zusammengelegt.

Österreich reagiert anders darauf. Die heimischen Gemeinden werden - um die Defizite zu reduzieren - ihre Gebühren und Abgaben erhöhen. Die Müllabfuhr oder der Abwasserkanal werden davon nicht besser, es handelt sich ausschließlich um Geldbeschaffungsaktionen.

In der bisherigen - ausschließlich theoretischen - Debatte um Verwaltungsreformen geht es meist um die Bundesländer, denen mit der EU praktisch alle wichtigen Entscheidungen abhanden kamen.

Niemand aber schaute sich bisher die Gemeindestruktur an. Je kleinteiliger diese ist, desto defizitanfälliger. Daher hat bei den Gemeindefinanzen auch Niederösterreich ein veritables Problem.

Etliche Gemeinden stehen bereits unter Aufsicht der übergeordneten Bundesländer. Eine politische Reaktion auf das Problem steht aus. Es wird immer schwieriger für Gemeinden, Bürgermeister zu finden. Notwendige Investitionen bleiben aus, weil eine Gemeinde allein diese oft nicht bewältigen kann. Um also die parteipolitischen Strukturen in den Gemeinderäten aufrechtzuerhalten, wird sehenden Auges eine Verschlechterung des Bürgerservices hingenommen.

Da Bürgermeister und Rathaus aber der erste Ansprechpartner der Bürger sind, wird sich hier wohl der Zorn rascher entladen als bei der Frage zu Sinn oder Unsinn von Landtagssitzungen.

Hier ist auch die Bundespolitik gefordert, die Landesregierungen haben sich als nicht besonders innovationsfreundlich herausgestellt. Immer höhere Gebühren, bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Investitionen in die Infrastruktur: Das ist nicht besonders bürgernahe und auch nicht wirtschaftsfreundlich. Und es ist auch der Stoff, aus dem künftige Wahlniederlagen gemacht sind.