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Wertschöpfung für Wien

Von Cathren Müller

Wirtschaft

Wiener Hofburg: Internationales Marketing für eine lokale Größe.


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Die Welt kommt zu ihr: Die Tirolerin Renate Danler ist seit 2007 Geschäftsführerin der Hofburg.
© Foto: Hofburg Vienna

Wien. Die Geschäftsführerin der Hofburg Vienna, Renate Danler, über internationales Marketing und Corporate Identity.

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"Wiener Zeitung": Sie repräsentieren als Geschäftsführerin der Hofburg Vienna einen der wichtigsten Veranstaltungsorte Österreichs. Was fasziniert Sie selbst an Ihrer Arbeit?Renate Danler: Jede Veranstaltung ist für den Kunden etwas Besonderes, und deshalb ist sie es auch für uns: Ob es der Kaffeesiederball ist oder das World Economic Forum. Faszinierend ist dabei das Zusammenspiel von Hunderten von Menschen. Es ist eine internationale Arbeit, die Welt kommt zu Ihnen.

Gibt es Orte, mit denen Sie sich vergleichen?

Die Hofburg ist einzigartig. Es gibt weltweit keine ehemalige Kaiserresidenz, die heute ein Kongress- und Veranstaltungszentrum ist. In Wien gibt es nur zwei weitere große Veranstaltungsorte, die Reed-Messe und das Austria Center Vienna, die aufgrund ihrer Kapazitäten ein anderes Segment ansprechen. Wir konzentrieren uns auf Veranstaltungen ab 250 Personen, so ergänzen wir die Konferenz-Hotellerie.

Welche Konkurrenten gibt es für die Kongressstadt Wien auf internationaler Ebene?Wien ist eine sehr gute Destination. Wenn Kongresse in ein anderes Land gehen, liegt das oft daran, dass die Verbindungen des Veranstalters zu der Stadt enger sind, weil vielleicht das Unternehmen dort seinen Sitz hat. Nicht ohne Grund ist aber Wien in den internationalen Kongressstatistiken an erster Stelle.

Was macht Wien so beliebt?

Wien liegt sehr zentral und wird immer noch als Gateway in den Osten gesehen, wir haben auch mehr und mehr Kunden aus dem östlichen Raum. Zudem ist Wien für Wissenschaft und Forschung sehr wichtig. Nicht zu vergessen sind auch die zahlreichen internationalen Organisationen. Firmen brauchen immer einen Konnex, sie kommen nicht allein, weil Wien schön ist.

Was hat Wien von der Hofburg?

Sehr viel! Wir, die Hofburg, machen zehn bis elf Millionen Euro Umsatz jährlich, das Catering sechs Millionen. Wir bringen aber auch Wertschöpfung nach Wien: Gemeinsam mit der OSZE 190 Millionen Euro: Hotelunterkünfte, Gastronomie, Einkäufe. Das bringt Steuereinnahmen für das Land. Das sind die Hard Facts, aber wichtiger ist die Reputation Wiens als Wissenszentrum, das die Stadt sich damit aufbaut.

Die Hofburg Vienna ist international präsent. Was sind die wichtigsten Märkte?

Seit der Krise beobachten wir, dass unsere Kunden immer internationaler werden, wir hatten die US Tax Planning Conference aus den USA, Tetrapack aus Schweden, die Hotelmanagers Association aus Italien und Veranstalter aus Kolumbien. Es ist insgesamt bunter geworden, aber der größte Markt ist für uns immer noch Österreich, denn die Organisatoren sitzen hier, auch wenn der Kongress international ist.

Wie kommen die Veranstalter letztlich zur Hofburg?

60 Prozent unserer Kunden sind Stammkunden, die innerhalb von zwei Jahren wiederkommen, neue Kunden kommen über das Internet und über Agenturen. Wir legen sehr viel Wert darauf, überall in der digitalen Welt präsent zu sein. Aber: Jeder zufriedene Kunde ist der beste Botschafter. Nicht nur der Veranstalter, sondern jeder Gast.

Welche Rolle spielen Akquisitionen und persönliche Kontakte in Ihrem Bereich?

Sie sind sehr wichtig: In den Kernmärkten Österreich, Deutschland, Großbritannien und den USA machen wir persönliche Akquisitionstouren, besuchen die Firmen und laden sie ein, nach Wien zu kommen. Wir recherchieren international, welche Firmen oder Organisationen besonders aktiv sind und sprechen sie an. Wir laden jeden Monat Unternehmer zu den Chef’s Tables, bei einem gemeinsamen Mittagessen tauscht man sich aus. Wir haben Ähnliches auch für Wissenschaftler am Abend. Die Wissenschaft ist einer unserer wichtigsten Kunden.

Wie stark bringen Sie sich selbst ein?

Ich sage immer, ich habe eine der schönsten Arbeitsstellen Österreichs. Wer arbeitet schon in einem Gebäude mit über 700jähriger Geschichte? Es ist eine Freude, aber es ist kein "Nine-to-five-Job". Sie müssen es mit ganzem Herzen machen, und das erfordert viel Einsatz und viel Zeit. Das gilt aber für alle unsere Mitarbeiter, die sich sehr stark mit der Hofburg identifizieren: Corporate Identity ist nicht nur das Papier oder das Haus, sondern der Mensch. Seine Sprache, sein Benehmen, wie er mit dem Kunden umgeht.

Passiert es oft, dass sich verschiedene Orte für eine Veranstaltung bewerben?

Das kommt oft vor. Pitches werden vor allem von den Agenturen abgewickelt. Die Bid-Manuals sind manchmal über hundert Seiten stark, denn die Kunden wollen wissen, was Wien für ihren Kongress so einzigartig macht.

Wichtig scheint auch die Technik zu sein. Sie haben jüngst zehn Millionen Euro investiert.

Wir müssen, gerade weil wir in einem historischen Gebäude sind, technisch besonders gut sein. Wir haben erst vor zwei Jahren Glasfaserkabel eingeführt, was mit enormem Aufwand verbunden war. Wir haben eine Projektgruppe Innovationsmanagement geschaffen, um vor allem in der IT ganz vorne dabei zu sein. Agenturen erwarten 3D-Modelle, sie wollen nicht präsentieren, sondern inszenieren. Wir haben jetzt kostenloses W-Lan im Haus, machen Landingpages für unsere Kunden für das Handy usw.

Sie experimentieren auch mit Augmented Reality.

Ja, wir haben ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der TU, wo wir versuchen, die 3D-Modelle in Augmented Reality zu übertragen. Mich fasziniert besonders die Idee, Hologramme einzubinden und Personen präsent zu machen, die nicht da sind. Man kann Kongresse noch viel interaktiver gestalten. Zugleich arbeiten wir aber auch an "echten" Möglichkeiten, sich zu begegnen, indem wir mehr Lounges anbieten.

Zur Person

Renate Danler stammt aus Tirol und ist seit 2007 die Geschäftsführerin der Wiener Kongresszentrum Hofburg Betriebsgesellschaft mbH. Danler war Tourismusdirektorin in Kitzbühel und Alpbach, wo sie das Kongresszentrum mit konzipierte und leitete.

Zum Veranstaltungsort Hofburg Vienna

Die Hofburg Vienna erwirtschaftete 2011 einen Nettoumsatz von über 10 Millionen Euro. Jährlich werden etwa 320 Veranstaltungen mit rund 330.000 internationalen Gästen betreut. Für 2012 sind bereits 21 große Kongresse gebucht, viele davon im Bereich Medizin, so zum Beispiel der MedicRes World Congress Anfang Juni. Der internationale Kongress des European Resuscitation Councils im Oktober wird über 1.900 Mediziner anziehen. Zu dem neuen Silvesterball Le Grand Bal werden 3000 internationale Gäste erwartet.
Website Hofburg Vienna