Die Rohfassung umfaßt an die 400 Manuskriptseiten und wiegt ein gutes Kilo. Im Amtsblatt der Finanzverwaltung, wo die Endfassung demnächst erscheinen soll, wird sie doppelt so viel Platz | brauchen, als ihre vor sieben Jahren publizierte Vorgängerin. Die Rede ist von den Lohnsteuer- Richtlinien 1999, die in diesen Tagen vom Finanzministerium verabschiedet werden und den Legionen von | Personalverrechnern, Steuerberatern und Arbeitnehmern als Wegweiser durch den Paragraphendschungel dienen sollen. Was freilich rechtlich problematisch ist.
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Die vor sieben Jahren erschienene letzte Auflage des amtlichen Lohnsteuer-Wegweisers ist inzwischen durch zahlreiche gesetzliche Änderungen und durch die höchstgerichtliche Judikatur
überholt. Teile der Richtlinien mußten immer wieder ausgetauscht, außer Kraft gesetzt oder durch zusätzliche Erlässe ergänzt werden.
Vor etwa zwei Jahren begann deshalb die Lohnsteuerabteilung im Ministerium mit den Arbeiten an einer Neufassung, die nun vorliegt und ab Jahresbeginn 1999 Geltung haben soll.
Neufassung als Kommentar
Das neue Richtlinienpaket folgt zwar im Aufbau weitgehend der Vorgänger-Ausgabe, inhaltlich wurde der lohnsteuerrechtlich relevante Teil aber zu einem echten Kommentar ausgebaut, der weit über die
sonst in Erlässen üblichen Kurzerläuterungen hinausreicht.
Obgleich man im Ministerium darauf hinweist, daß die Lohnsteuer-Richtlinien '99 gegenüber der Fassung '92 keine wesentlichen Neuerungen enthalten, liegt der Wert der Neufassung vor allem
darin, daß sie eine bis in die letzten Wochen aktualisierte Zusammenfassung aller Dienstanweisungen zum Lohnsteuerrecht darstellt, die noch mit zahlreichen Aussagen in Einzelerledigungen oder
Fachseminaren der Ministerialbeamten abgerundet wurde.
Arbeitgeberdarlehen
günstiger
So findet man etwa die bisher ausführlichste Darstellung zur Steuerfreiheit (oder Steuerpflicht) der Stipendien ebenso wie eine durchaus arbeitnehmerfreundliche Klärung der begünstigten
Auslandstätigkeiten.
Im Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Zukunftssicherung der Mitarbeiter werden nun auch Zahlungen an Pensionsinvestmentfonds zugelassen, ebenso wie Beiträge, die der Arbeitgeber auf Rechnung des
Arbeitnehmers als Arbeitnehmerbeiträge an Pensionskassen bezahlt (und zwar auch nach einer Bezugsumwandlung).
Bei den im übrigen weitgehend unverändert bleibenden Sachbezugswerten fällt die Neuregelung beim "Steuerzinsfuß" für Arbeitgeberdarlehen auf, die erst Ende des Vormonats neu verlautbart
worden ist. Demnach wird der bisherige Zinsfuß von 5,5% p.a. ab kommendem Jahr auf 5% gesenkt.
Außerdem wird der bisher nur für Vorschüsse geltende Freibetrag von 60.000 Schilling auf 100.000 Schilling ausgeweitet und gilt künftig gemeinsam für Vorschüsse und Arbeitgeberdarlehen.
Keine Steuer vom Handy
Die von vielen Finanzämtern versuchte Besteuerung eines Privatanteils von den Kosten eines Firmen-Handys wird von den Richtlinien abgelehnt. Privatgespräche eines Arbeitnehmers über's Handy sollen
ebensowenig lohnsteuerpflichtig werden, wie jene vom Festnetztelefon am Arbeitsplatz. Nur in Fällen, in denen das Mobiltelefon auch außerhalb der Dienstzeit uneingeschränkt für Privatgespräche zur
Verfügung steht, könnten anteilige Kosten lohnsteuerpflichtig werden · letztlich eine Nachweisfrage.
Vorteil für
Fremdsprachenkurse
Aufschlußreiches findet sich im Kapitel über die Berufsausgaben der Arbeitnehmer. Wie bisher gibt es ein · kommentarmäßig stark ausgebautes · "ABC der Werbungskosten". Auffallend ist die leichte
Erweiterung bei den absetzbaren Fortbildungskosten, insbesondere bei den Studienkosten. Fremdsprachenkurse, die über das alltägliche Grundwissen hinausvermitteln, qualifizierte Zweitstudien
oder postgraduelle Fachstudien können künftig steuerabsetzbar sein. Neu aufgenommen wurde die Bestimmung, wonach geringfügig Beschäftigte ihre Options-Versicherungsprämien als Werbungskosten absetzen
können, was sogar zu einer Negativsteuer-Gutschrift führen kann.
Komplexes Reisethema
Ein umfangreicher Teil der Richtlinien beschäftigt sich mit dem komplexen Thema von Reisen, Reisewegen und Reisewegvergütungen. Bekannt ist, daß pro Zielort steuerfreie Tagesdiäten nur für die
ersten fünf Tage (in Ausnahmefällen für die ersten 15 Tage) gewährt werden, es sei denn, es handelt sich um Dienstreisen nach kollektivvertraglichen Regeln. Aufgenommen wurde auch die jüngste
Judikatur, wonach regionale "Rundreisen" oder der Fahrverkehr von Lok- und Bus-Chauffeuren zu keiner "steuerlichen" Reise führen kann.
Annäherung an Sozialrecht
Die "außergewöhnlichen Belastungen" werden anhand von Beispielen und einem "ABC der Einzelfälle" erläutert, wobei tabellarische Übersichten das Kapitel abrunden.
Einen breiten Raum nimmt erstmals die Kommentierung rund um die Begriffe "Dienstgeber · Dienstnehmer · Dienstverhältnisse" ein, was auf das Bemühen um Angleichung an das
Sozialversicherungsrecht zurückgeht. Anhand der Erläuterung von Einzelfällen wird die Abgrenzung des Dienstnehmerbegriffs von der selbständigen Tätigkeit verdeutlicht.
Kein Rechtsbehelf
Schwachpunkt der verdienstvollen Veröffentlichung ist freilich ihre rechtliche Qualifikation. Die Richtlinien gelten als Erlaß, stellen zwar einen Auslegungsbehelf zum Einkommensteuergesetz dar,
der aber nur innerhalb der Finanzverwaltung als Empfehlung zu einer einheitlichen Vorgangsweise anzusehen ist. Für den auskunftsheischenden Bürger stellt er bestenfalls ein "Aha"-Erlebnis dar, aus
dem er sich allerdings keine Rechte ableiten kann; er kann sich nicht einmal darauf berufen, wenn der Erlaß von Unterbehörden mißverstanden oder negiert wird.
Erst kürzlich hat die Wiener Finanzlandesdirektion in einer Berufungserledigung klargemacht, daß der Lohnsteuer-Erlaß für den Steuerzahler keine taugliche Rechtsstütze darstellt, weil er eben bloß
eine interne Dienstanweisung des Fiskus ist. Eine Feststellung, die die neuen Richtlinien zwar nicht abwertet, aber dem Steuerzahler die erhoffte Rechtssicherheit vorenthält.