Zum Hauptinhalt springen

Wertvolles Know-how

Von Andrea Zinober

Recht

Gastbeitrag: Für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen sind einheitliche Regelungen für die EU in der Pipeline.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Geschäftsgeheimnisse und vertrauliches Know-how stellen bedeutsame Unternehmenswerte dar, die auch für Mitbewerber oder neue Marktteilnehmer von großem Interesse sein können. Je bedeutender Forschung, Entwicklung und Innovationen für neue Produkte und Dienstleistungen sind, desto wertvoller wird das damit verbundene Know-how.

In den USA besteht schon seit mehr als 20 Jahren mit dem Economic Espionage Act 1996 ein Strafgesetz, das auch dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen dient. In Österreich enthält das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowohl Strafbestimmungen für Dienstnehmer, die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse an Dritte weitergeben, als auch für die Verwertung dieser Informationen. Auch Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche für die in ihren Rechten verletzten Unternehmen sind vorgesehen.

Nachteil iminternationalen Wettbewerb

Innerhalb Europas erschweren bisher national unterschiedliche Rechtsschutzmöglichkeiten ein rasches und erfolgreiches Vorgehen gegen Rechtsverletzer. Je nach bestehendem Schutzniveau ist es in manchen Mitgliedssaaten leichter, an Geschäftsgeheimnisse zu gelangen. Oder auch Produkte, die auf gestohlenem oder anders unrechtmäßig erworbenem Know-how beruhen, in die Europäische Union einzuführen und hier in Verkehr zu bringen.

In Zeiten globaler Märkte stellen unterschiedliche Schutzniveaus und uneinheitliche Abwehrmechanismen einen Nachteil im internationalen Wettbewerb dar. Daher hat die Europäische Kommission bereits vor einem Jahr eine "Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung" erlassen, die sich auf den zivilrechtlichen Schutz dieser Informationen bezieht.

Bereits die Eingrenzung, was als vertrauliches Know-how, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis anzusehen ist, bereitet in der Praxis Schwierigkeiten. Eine europaweit einheitliche Definition ist die Grundvoraussetzung für einen einheitlichen Schutz, sodass kein Unternehmen Gefahr läuft, in einem Mitgliedsstaat aufgrund national unterschiedlicher Regelungen schon an dieser Hürde zu scheitern. Die Richtlinie sieht daher eine umfassende Definition vor, die auch auf den kommerziellen Wert eines Geschäftsgeheimnisses sowie auf "angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen" des Berechtigten verweist. Ausdrücklich wird auch von den Inhabern von Geschäftsgeheimnissen erwartet, dass sie ihre Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Wahrung der Vertraulichkeit ihrer Geschäftsgeheimnisse und die Überwachung der Nutzung dieser Informationen erfüllen.

Arbeitnehmer dürfennicht eingeschränkt werden

Ein Unternehmen, das allen Mitarbeitern Zugang zu allen Informationen ermöglicht, weder Kennzeichnungen noch Kategorien von Vertraulichkeit führt, keine Zutrittskontrollen und keine Überwachungsmaßnahmen setzt, wird es schwer haben, im Ernstfall ein angemessenes Niveau an Geheimhaltungsmaßnahmen darzulegen.

Die jeweils angemessenen Maßnahmen werden natürlich auch von der Struktur und Größe eines Unternehmens abhängen. Ausdrücklich erwähnt die Richtlinie, dass gerade Klein- und Mittelunternehmen in besonderem Maß auf Geschäftsgeheimnisse angewiesen sind. Auch diese sollten daher für die Wahrung ihrer Sorgfaltspflichten in Bezug auf die Geheimhaltung und den Schutz vor rechtswidrigem Erwerb und rechtswidriger Nutzung durch Dritte gewappnet sein.

Gleichzeitig stellt die Richtlinie auch klar, dass Arbeitnehmer weder in der Nutzung ihrer Erfahrungen und Fähigkeiten, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit ehrlich erworben haben, noch in ihrer Mobilität eingeschränkt werden dürfen. Auch die Nutzung von Informationen, die kein Geschäftsgeheimnis darstellen, darf nicht beschränkt werden. Damit die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen im Fall der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen auch tatsächlich zum Tragen kommen können, sollen die Betroffenen ermutigt werden, die Rechtsschutzmaßnahmen vor Gericht in Anspruch zu nehmen. Gerade in einem Gerichtsverfahren ist die Geheimhaltung des betroffenen Know-hows und der Geschäftsgeheimnisse schwierig, daher sollen durch entsprechende Maßnahmen im Lauf eines Prozesses Möglichkeiten zur Einschränkung des Zugangs zu den von den Parteien vorgelegten Dokumenten geschaffen werden. Ist das Geschäftsgeheimnis bereits unerlaubter Weise in fremde Hände gelangt, können daraus immense Schäden entstehen.

Produkte, die unter Verwendung des gestohlenen Know-hows hergestellt und auf den Markt gebracht werden, schädigen den redlichen Eigentümer. Daher soll auch dagegen Abhilfe geschaffen werden, indem solche Produkte durch gerichtliche Maßnahmen vom Markt zurückgerufen oder vernichtet werden können.

Durch dieses Paket an Maßnahmen sollen die wertvollen, aber oft am wenigsten geschützten Geschäftsgeheimnisses und vertrauliches Know-how in Zukunft besser und vor allem innerhalb Europas einheitlicher geschützt werden.

Die Umsetzungsfrist für die Richtlinie in nationales Recht läuft noch bis zum 9. Juni 2018. Unternehmen sollten sich aber rechtzeitig damit auseinandersetzten, welche Folgen dieses neue Regime mit sich bringen wird.

Zur Autorin

Andrea
Zinober

ist selbständige Wirtschaftsrechtsanwältin (www.northcote.at).

M. Rahmann