Westbahn steckt in den roten Zahlen und verdient mit Pendlern zu wenig.
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Wien. Die mehrheitlich private Westbahn schreibt seit ihrem Start Ende 2011 Verluste – und verlangt daher ab Montag einen Aufpreis von Pendlern in Niederösterreich. Besitzer einer Wochen-, Monats- oder Jahreskarte zahlen auf der Strecke zwischen Wien und Niederösterreich zwei Euro pro Fahrt, für Wien-Amstetten drei Euro. "Wir sind uns bewusst, dass wir damit Kunden verärgern, aber es bleibt uns nichts anderes übrig", sagt eine Westbahn-Sprecherin. Mit Pendlern verdiene man kaum etwas.
Durch die Ausweitung der Parkpickerlzonen in Wien habe sich die Pendleranzahl in der Westbahn in Niederösterreich im ersten Halbjahr gegenüber dem Vergleichszeitraum 2012 mehr als verdoppelt. "Überfüllte Züge verschrecken Langstreckenkunden und bringen keine tragbaren Umsätze", heißt es von der Westbahn. Züge mit überproportionalen Pendleranteilen seien nicht wirtschaftlich zu betreiben, außer mit Leistungsbestellung oder mit Pendler-Aufpreisen. Im ersten Westbahn-Zug in der Früh seien 90 Prozent der Fahrgäste Pendler, heißt es von einer Sprecherin.
Diese werden nun kräftig zur Kasse gebeten: Verlangt wird der Pendler-Aufpreis von Montag bis Freitag vor 9 Uhr und zwischen 15.30 und 19 Uhr, am Freitag ab 13.30 Uhr. Für Zeitkarten-Besitzer in den Verkehrsverbünden Ost-Region (VOR) und Niederösterreich/Burgenland (VVNB) gibt es eine Monatsaufpreiskarte um 69 Euro. Ausgenommen sind Schüler- und Lehrlingsfreifahrt und das Top-Jugendticket.
Antrag auf Stützung wurde vom Ministerium abgelehnt
"Ohne Stützung können wir uns die Pendler nicht mehr leisten", sagt Westbahn-Geschäftsführer Erich Forster. Die Westbahn fordert vom Verkehrsministerium eine Stützung, das Ansuchen um eine Leistungsbestellung wurde aber abgelehnt. Seit 2010 gibt es keine Tarifsubventionen mehr, sondern das Ministerium bestellt Zugverbindungen auf Strecken, die die Bahnen nicht eigenwirtschaftlich betreiben können. "Im Fernverkehr auf der Weststrecke zwischen Wien und Salzburg gibt es keine Bestellungen, weder bei den ÖBB noch bei anderen Bahnen. Hier ist der Verkehr eigenwirtschaftlich zu erbringen", wird im Ministerium betont.
Auf Kritik stößt der Aufpreis im VOR: "Keiner unserer Tarifpartner verlangt einen Aufpreis, die Westbahn erhält einen Teil der VOR-Ticketeinnahmen."
Problematisch ist der Aufpreis für Pendler von Tullnerfeld Richtung Wien, denn hier ist die Westbahn bis auf drei ÖBB-Regionalexpress-Züge die einzige schnelle Verbindung. "Ich werde daher bei den ÖBB anregen, die Zahl der Halte am Pendler-Bahnhof Tullnerfeld zu erhöhen und eine mögliche Kapazitätsausweitung bei den Zügen zu überprüfen", sagte Verkehrsministerin Doris Bures.
Die Westbahn fährt auf der Strecke Wien-Salzburg zum halben Ticket-Normalpreis der ÖBB. Die Haltestellen Taxham und Freilassing sind wegen Streits mit dem Salzburger Verkehrsverbund seit Montag gestrichen.
Die Westbahn muss ihre Einnahmen steigern, ab 2015 werden Gewinne angepeilt. Im Vorjahr stieg der Bilanzverlust laut FirmenCompass noch von 2,1 auf 3,7 Millionen Euro. Über die Rail Holding sind die Eigentümer zu 47 Prozent Ex-Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner, zu 28 Prozent den französischen Staatsbahnen SNCF und zu rund einem Viertel die Schweizer Augusta Holding um Investor Erhard Grossnigg.