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Westliche O-Töne

Von Hermann Schlösser

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Zu den erfreulichen Kleinigkeiten, die Radio Ö1 täglich ins Haus bringt, gehören die "Nachrichten in englischer und in französischer Sprache". Sie sind ein fixer Bestandteil des "Morgenjournals" um 8 Uhr.

Man kann sich natürlich fragen, welche Zielgruppe hier angesprochen werden soll: etwa die Diplomaten, die auf dem Weg in die UNO-City ihr Autoradio einschalten? Oder die Touristen, die - vom Radiowecker aus ihren Urlaubsträumen geholt - den Tag mit Neuigkeiten in ihrer Muttersprache beginnen wollen? Oder will der ORF den österreichischen Schülerinnen und Schülern beim Erlernen zweier wichtiger westlicher Fremdsprachen behilflich sein?

Aber wer auch immer als idealer Zuhörer in Frage kommt - ich jedenfalls gehöre auch zu den treuen Hörern dieser fünf Sendeminuten. Besonders informativ sind die englischen und französischen O-Töne, die in den deutschsprachigen Nachrichten entweder fehlen oder hinter die Übersetzung zurücktreten müssen.

Über das Informative hinaus stellt sich aber sozusagen ein gesamteuropäisches Gefühl ein, wenn ich - etwa gestern am Dienstag - im Österreichischen Rundfunk Formulierungen höre wie: "The issue is now expected to go to the supreme court." Und wenn der hiesige Verteidigungsminister von einer schönen Frauenstimme in melodischem Französisch "Günthèr Plattèr" genannt wird, dann hat auch das einen kosmopolitischen Reiz.