Vor einem hochrangig besetzten Diskussionsforum aus der Wirtschaft präsentierte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer gemeinsam mit Budgetsprecher Christoph Matznetter das SPÖ-Wirtschaftsprogramm, das gegenüber dem ersten Entwurf entschärft wurde. Durch Wettbewerb, Leistung und Solidarität soll Österreich in die Liga der fünf erfolgreichsten Industrienationen der Welt aufrücken. Ziel bleibt Vollbeschäftigung, wofür ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent notwendig sei.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Basis aller Entwicklung ist ein hohes Wirtschaftswachstum. Die SPÖ strebt mittelfristig sogar vier Prozent an. Das sei notwendig, um die Innovationsfähigkeit der Gesellschaft zu erhöhen. Es gelte auch, "Wachstumsbremsen nichtökonomischer Natur" wie die Verwaltung abzubauen. Wenig erwartet sich Gusenbauer vom Österreich-Konvent, in dem es eher darum gehe, eigene Schrebergärten zu sichern.
Nicht positiv auf den öffentlichen Haushalt und die Wettbewerbsfähigkeit wirkt sich auch die Schattenwirtschaft aus. Für die Gastronomie schlägt Gusenbauer als erste Maßnahme eine Senkung der Mehrwertsteuer von zehn auf fünf Prozent vor, verbunden mit schärferen Kontrollen.
Steuer
Unternehmensgewinne sollen stärker in die Besteuerung eingebunden werden. Gusenbauer hält aber nichts von einer "radikalen Systemumstellung". Daher sollte als erster Schritt eine Umstellung bei der Kommunalabgabe und der Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds - beide werden derzeit von der Lohnsumme berechnet - erfolgen, also die gesamte Wertschöpfung dafür herangezogen werden. Eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer und der Grundsteuer wird klar abgelehnt.
Bildung
Eine innovative Gesellschaft setzt die Reform des Bildungssystems und mehr Mittel für F&E voraus. Finanziert werden soll das durch wirtschaftliche Zuwächse, die F&E-Ausgaben sollen mittelfristig vier Prozent des BIP ausmachen. Im Schulbereich will die SPÖ ein "flächendeckendes Angebot" für Ganztagsschulen und ein Vorschuljahr schaffen.
Infrastruktur
Zwischen der Qualität der Infrastruktur und den Chancen des Wirtschaftsstandortes ortet Gusenbauer einen direkten Zusammenhang. Daher müsse der Infrastrukturausbau strukturell und finanziell abgesichert werden. Die SPÖ schlägt den Aufbau einer Infrastrukturgesellschaft mit privater Beteiligung und öffentlicher Kernbeteiligung über die ÖIAG - mit den Infrastrukturunternehmen AUA, ÖBB, OMV, Verbund, Telekom und ORF - vor. Bei Infrastrukturunternehmen soll der Staat Kernaktionär bleiben.
Industrie
Die SPÖ bekennt sich zu einer Industriepolitik. Denn, so Gusenbauer, "die Klein- und Mittelbetriebe (KMU) profitieren davon, dass es große Leitbetriebe gibt". Um diese in Österreich zu erhalten, sei ein österreichisches - nicht unbedingt öffentliches - Kerneigentum nötig. Die ÖIAG soll als Instrument der Industriepolitik beibehalten werden - Erlöse sollen in den Aufbau neuer Unternehmen fließen. Damit die KMU auch nach Basel II Chancen auf günstiges Kapital haben, schlägt Gusenbauer einen verbesserten Zugang zur Börse vor.
Androsch glaubt nicht an Entlastung des Faktors Arbeit
Ex-Vizekanzler und nunmehrige Unternehmer Hannes Androsch, einer der vielen Gäste, begrüßte gegenüber der "Wiener Zeitung" die Initiative der SPÖ, ein Wirtschaftsprogramm zu erstellen. Er wünscht sich vor allem Deregulierung. Die derzeitige Überregulierung verhindere zahlreiche Projekte siehe Semmeringtunnel, Wasserkraftwerke oder den zweiten Tauerntunnel. Was den Wunsch der SPÖ nach einer Entlastung des Faktors Arbeit betrifft, meinte Androsch: "Das wird's nicht spielen".