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Wettbewerb: Mehrere Branchen im Visier der AK

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Schärfere Fusionsregeln bei Kinos und Apotheken gefordert. | Lebensmittelhandel: "Müssen Markt weiter beobachten". | Wien. Die Arbeiterkammer (AK) befürchtet, dass sich einige Unternehmen in Österreich zu leicht an der Wettbewerbsaufsicht vorbei schummeln könnten. So seien laut dem am Mittwoch präsentierten AK-Wettbewerbsbericht 2007 die Umsätze von Kinoketten, Apotheken, aber auch jene mancher Bauunternehmen so niedrig, dass Beteiligungen oder Übernahmen bei den Behörden nicht angemeldet werden müssen. Die AK fordert für solche "wettbewerblich sensiblen Branchen" eine schärfere Fusionskontrolle. Kritiker warnen jedoch vor komplizierten Sonderregelungen.


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Agnes Streissler, Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik in der AK, weist darauf hin, dass mit 1. Jänner 2006 die Meldeschwellen für Unternehmenszusammenschlüsse angehoben worden sind. Dadurch habe es im Vorjahr beinahe um 40 Prozent weniger Zusammenschlussanmeldungen gegeben als zuvor. In Branchen, in denen laut Arbeiterkammer der Wettbewerb bereits erheblich beeinträchtigt ist, könne es nun ohne weitere Kontrollen zu Fusionen kommen.

So hätte laut AK die Kino-Holding Constantin Film als österreichischer Marktführer im Vorjahr völlig unbehelligt von den Kartellwächtern ihren Konkurrenten Village Centers übernehmen können. Dabei sei Constantin im Juni 2006 vom Kartellobergericht zu einem Bußgeld von 150.000 Euro verdonnert worden, da die Gruppe ihre Marktmacht als Filmverleiher ausgenützt und eigene Kinos bevorzugt hatte.

"Klare Regelung" nötig

Eine ähnlich heikle Marktsituation ortet die AK in der Pharmabranche, wo sich Großhändler zunehmend an Apotheken beteiligen würden, sowie im Straßenbau. Hier verschaffe der Besitz von Asphaltmischwerken Unternehmen entscheidende Vorteile gegenüber der Konkurrenz. Die Arbeiterkammer verlangt nun vom Justiz- und vom Wirtschaftsministerium, die Meldeschwellen für diese drei Branchen per Verordnung herabzusetzen. Eine entsprechende Ausnahmeregelung gibt es bereits im Medienbereich. Kartellrechtsexperte Raoul Hoffer von der Anwaltskanzlei Binder Grösswang spricht sich jedoch gegen solche Sonderregeln aus: Das würde alles nur verkomplizieren. Die derzeitigen Anmeldepflichten seien ausreichend. Insgesamt sollte eine klare Regelung gesucht werden, möglichst parallel zu jener, die auf EU-Ebene gilt.

Allerdings hat auch die EU-Kommission kürzlich grünes Licht für den 24,9-Prozent-Einstieg des Lebensmittelkonzerns Rewe bei Adeg gegeben. Diese "Umgehung" der Meldeschwelle von 25 Prozent ist der AK ein Dorn im Auge: "Derartige Konstrukte" sollten kontrolliert werden, sobald ein "wettbewerblich erheblicher Einfluss" vorliegt. Der Lebensmitteleinzelhandel müsse weiterhin beobachtet werden.