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Wetten ist nur etwas für Erwachsene: Kampf gegen das Glücksspielmonopol

Von Karl Leban und Konstanze Walther

Analysen

Für den österreichischen Internet-Wettanbieter Bwin ist es wohl die schlimmste Krise seit der Gründung vor gut sechs Jahren. An allen Ecken und Enden tun sich derzeit Baustellen auf. Das Unternehmen kommt nicht zur Ruhe. Seit dem Höchststand im Mai ist der Bwin-Börsekurs rund 80 Prozent in die Tiefe gestürzt, Milliardenwerte haben sich dabei in Luft aufgelöst.


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Die Gründe für den tiefen Fall sind schnell aufgezählt: Zunächst hat eine "Verhaftungswelle" bei den Chefs privater Online-Glücksspiel-anbieter in den USA für allgemeine Panik in der als stark aufstrebend geltenden Branche gesorgt. Mit in den Sog wurden auch die Bwin-Aktien gerissen. Dazu kam, dass es auch im Geschäft schlecht lief. Favoritensiege bei der Fußball-Weltmeisterschaft verhagelten Bwin im Halbjahr die Bilanz und hinterließen tiefrote Spuren.

Durch die lautstark gerührte Werbetrommel während dieses sportlichen Großereignisses wurde allerdings auch der deutsche Staat auf Bwin aufmerksam und verhielt sich wenig sportlich. Gleich drei deutsche Bundesländer - Sachsen, Bayern und Hessen - haben dem österreichischen Wettanbieter das Geschäft untersagt. Die Begründung war: Wenn sich Bwin schon auf eine erteilte Lizenz (aus DDR-Zeiten) beruft, dann könne man diese Lizenz auch wieder zurückziehen - nach dem Motto: "Der Herr gibts und der Herr nimmts."

Bwin sieht das anders - genauso wie der Europäische Gerichtshof. Man habe weiterhin die deutsche Lizenz, brauche sie allerdings ohnedies nicht, denn man habe zuzüglich noch eine Lizenz aus Gibraltar. Und in der EU sollte eine für alle reichen - gemäß den Regeln über Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit.

Doch während sich einige Staaten in der EU, etwa Frankreich, noch dagegen wehren, haben andere möglicherweise schon die Zeichen der Zeit erkannt. In Großbritannien etwa setzte vor einiger Zeit ein Liberalisierungsprozess für Wett- und Glücksspielgesetze ein. In Österreich gilt seit langem das Monopol nur noch für Glücksspiele (Lotto und Toto), Sportwetten hingegen darf anbieten, wer will.

Zusätzlich ist das Internet eine relativ rechtsfreie Zone, ein Graubereich, und ermöglicht es Bwin, überall seine Geschäfte grenzüberschreitend anzubieten. Dass ein Staat eingreift und eine Wett-Seite blockiert, kam bisher erst einmal vor - und nur weil ein Online-Anbieter über gar keine Lizenz verfügte.

Wie auch immer: Das Geschäftsmodell der gesamten Internet-Wettbranche steht auf dem Prüfstand. Europäische Anbieter schielen nervös nach Deutschland und Frankreich. Bis die Rechtslage eindeutig geklärt ist, wollen sie keinen Schritt in "unbekanntes" europäisches Ausland mehr wagen, heißt es aus Branchenkreisen.

Die Unsicherheit der Rechtslage und die Verhaftung des Bwin-Vorstandsduos Manfred Bodner und Norbert Teufelberger in Frankreich sind keine Visitenkarte eines gemeinsamen EU-Marktes. Seite 25