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Wettlauf um das vernetzte Auto

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
Technik im Cockpit: "Smarte" Autos haben simple Benzinkutschen längst abgelöst.
© fotolia/Syda Productions

Branchenfremde Anbieter drängen mit App-basierten Lösungen auf den Zukunftsmarkt der vernetzten Mobilität.


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München/Wien. Es soll Staus vermeiden, freie Parkplätze erkennen, grüne Wellen ermöglichen und automatische Notrufe absetzen - die Erwartungen in das vernetzte Auto der Zukunft sind enorm. Und: Die Evolution simpler Benzinkutschen von heute zu smarten Fahrzeugen von morgen ist bereits in vollem Gang. Kein Wunder, dass die vernetzte Mobilität das große Zukunftsthema der Automobilbranche ist.

Die Hersteller bieten schon jetzt verschiedene im Fahrzeug integrierte Lösungen an. Laut einer Studie des internationalen Unternehmensberaters Roland Berger gehen diese aber oft an den eigentlichen Kundenbedürfnissen vorbei und sind wegen hoher Forschungs- und Entwicklungskosten sehr teuer. Genau hier wittern branchenfremde Anbieter wie IT-Unternehmen, Versicherungskonzerne, Zulieferer und Start-ups laut der Studie "Connected Car" ihre Chance und drängen mit eigenen Lösungen auf den Markt.

"Dongle" als günstige Nachrüstlösungen

Sie bieten kostengünstige Adapter, sogenannte "Dongle" als Nachrüstlösungen an. Der Vorteil: Diese Adapter können einfach und schnell im Fahrzeug angeschlossen und dann zum Beispiel mit Smartphones verbunden werden. "Ein Dongle wird einfach auf die standardisierte Schnittstelle für die Fahrzeugdiagnose OBD II gesteckt. Diesen Anschluss besitzen heute schon fast 94 Prozent aller Fahrzeuge in Deutschland", erklärt Jan-Philipp Hasenberg Partner von Roland Berger das Prinzip.

Schon jetzt hinken die Automobilhersteller bei der Vernetzung ihrer Fahrzeuge hinterher. So war 2015 gerade einmal ein Drittel der Neuwagen mit entsprechenden integrierten Lösungen ausgestattet, und das, obwohl die Kunden große Erwartungen in die online-basierten Anwendungen setzen.

Laut der Studie sind mehr als 80 Prozent der Autofahrer bereit, einen Aufpreis für zusätzliche Dienstleistungen wie Parkplatzsuche, Fahrzeugfinder oder automatischen Notruf zu zahlen. Der Haken dabei: Sie wollen für den Service nicht allzu tief in die Tasche greifen. Und so liegt die Zahlungsbereitschaft der Kunden gerade einmal bei rund 50 Euro pro Jahr. "Die Hersteller verlangen aber zum Teil mehrere tausend Euro für die Vernetzung des Fahrzeugs ab Werk, dazu kommt noch die jährliche Nutzungsgebühr", sagt Jan-Philipp Hasenberg. "Das ist weit mehr, als die Autofahrer heute bereit sind zu bezahlen."

Dongle-Anbieter aus anderen Branchen bieten ihre Adapter hingegen für unter 100 Euro an und bieten damit ähnlich komfortable Services. "Viele Marktteilnehmer versuchen schon heute, sich über die Nachrüstlösungen an die Kundenschnittstelle zu setzen", weiß Roland-Berger-Autoexperte Philipp Grosse Kleimann. "So können Versicherungskunden gesteuert und Autofahrer gezielt auf einen Servicebedarf ihres Fahrzeugs aufmerksam gemacht werden." Für die Produzenten sei es daher ein Gebot der Stunde, schnell zu reagieren, wenn sie nicht den Anschluss verlieren wollen.

Autobauer sollten Partnerschaften eingehen

Bis 2020 werden schätzungsweise in ganz Europa mehr als 90 Millionen Autos über Nachrüstlösungen verfügen, nur etwa 70 Millionen Fahrzeuge werden mit integrierten Systemen ab Werk ausgestattet sein. Automobilhersteller sollten daher Partnerschaften ins Auge fassen, mit denen eigene Nachrüstsysteme entwickelt werden können, raten die Experten. Die Vorteile: Die Kundenbasis kann erweitert werden, und mit den neuen Kundendaten können künftige Produkte und Dienstleistungen besser auf Kundenwünsche abgestimmt werden. "Nur wenn die Hersteller die App-basierten Dongle-Lösungen als Zwischenlösung zum vernetzten Fahrzeug verstehen und nutzen, lässt sich damit langfristig ein eigenes geschlossenes Ökosystem auf dem Markt durchsetzen", erklärt Hasenberg die Strategie.

IT- und Versicherungskonzerne, Zulieferer und Start-ups sollten hingegen auf branchenübergreifende Kooperationen setzen. "Mithilfe einer offenen Plattform für neue digitale Technologien können Innovationen so zügiger und kosteneffizienter umgesetzt werden", raten die Experten von Roland Berger.