)
Über den künftigen Führer der "Vierten Generation", Hu Jintao, ist wenig bekannt. Obwohl seit zehn Jahren als Nachfolger Jiang Zemins gehandelt, machte er sich bisher lediglich als konturenloser Apparatschik einen Namen - mit nationalistischen Untertönen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 22 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der designierte Nachfolger von Staats- und Parteichef Jiang Zemin hat sich während seiner steilen politischen Karriere vor allem durch Unauffälligkeit hervorgetan. Es gibt von ihm keine Pressekonferenzen und keine Interviews. In die jüngsten Machtspiele der hohen Parteikader ließ er sich ebenso wenig verstricken wie er sich aus dem Schatten seines politischen Über-Ichs in der Person Jiangs wagte. Entsprechend wenig drang bisher über den kommenden mächtigsten Mann der Volksrepublik China an die Öffentlichkeit, schon gar nichts über seine politischen Visionen. Nur soviel steht fest: Zur Garde der Befürworter demokratischer Reformen gehört der 60-jährige Parteisoldat nicht - wenngleich er die wirtschaftliche Öffnung des Landes nicht in Frage stellt.
Zugleich lassen verbal-nationalistische Untergriffe in seinen Reden, insbesondere seit seiner Ernennung zum Vizepräsidenten 1998, befürchten, dass unter seiner Federführung der Patriotismus ein Pfeiler der kommunistischen Ideologie werden könnte. Von der Notwendigkeit der "patriotischen Erziehung der Jugend" ist da die Rede und von "Ausrottung separatistischer Aktivitäten". International machte Hu erst einmal auf sich aufmerksam - 1999, als er, nachdem die USA irrtümlich die chinesische Botschaft in Belgrad bombardiert hatten, via Staatsfernsehen Demonstrationen vor der US-Vertretung in Peking anordnete.
Hu Jintao stammt aus einfachen Verhältnissen und wurde nach dem frühen Tod seiner Mutter von seiner Großtante in Taizhou in der Küstenprovinz Jiangsu großgezogen. Sein Ingenieursstudium absolvierte er an der Pekinger Eliteuniversität Qinghua. Nach Abschluss trat er der KP bei und ging als einfacher Bauarbeiter in die Provinz Gansu, wo er rasch zum Vize-Parteisekretär seiner Arbeitseinheit aufstieg. Seine weitere Laufbahn sicherte ihm die Bekanntschaft mit dem mächtigen Parteichef der Provinz im Jahr 1980: Hu rückt zunächst zum Leiter des nationalen Kommunistischen Jugendverbandes auf und übernimmt danach die KPCh-Leitung in der Armenprovinz Guizhou.
Seine eigentlichen Sporen verdiente er sich aber erst als oberster Verwalter Tibets, wo er im Dezember 1988 den bei der Partei wegen seiner liberalen Allüren in Ungnade gefallenen KPCh-Vorsitzenden Wu Jinghua ablöste. Hu, kaum installiert, ließ in Lhasa friedliche Proteste gegen die chinesische Unterdrückung mit brutalster Gewalt niederschlagen und führte ein äußerst repressives Rechtssystem ein. Drakonische Gefängnisstrafen und grausame Misshandlungen der Gefangenen sind belegt. Als im Sommer 1989 auf dem Pekinger Tienanmen-Platz die Demokratiebewegung mit Panzern niedergewalzt wurde (Bilanz: 3.500 Tote und 15.000 Verletzte), kann Hu stolz darauf verweisen, dass in Tibet ein solches Repressionssystem bereits in Kraft ist. In einem Telegramm beglückwünscht er die Pekinger Führung für ihr hartes Durchgreifen.
Die restriktive Tibet-Politik, die Hu großteils von Peking aus steuerte, weil ihm die Höhenluft in Lhasa nicht bekam, brachte den ersehnten Karrieresprung: Sichtlich begeistert von dem jungen Talent, ernannte ihn Deng Xiaoping im Oktober 1992 zum jüngsten Mitglied im siebenköpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros. Im Jahr darauf wird er Präsident der höchsten Parteischule, 1998 Vizepräsident und Vizevorsitzender der Zentralen Militärkommission.