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Wichtig für Industrie-Standort

Von Helmut Dité

Politik

"Großer Wurf" sagt die Regierung, "zu wenig und zu spät" sagt die Opposition. Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer analysiert die Steuerreform im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sachlich: "Es war notwendig, zunächst einmal auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Österreich zu schauen."


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"Es war absolut wichtig und richtig" den Schwerpunkt auf die Entlastung bei der Körperschaftssteuer zu legen, meinte der Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS). Angesichts des "Steuerwettlaufs" in zahlreichen östlichen Nachbarländern - die Slowakei hat die 19-Prozent-Flat-Rate bereits eingeführt, in Tschechien und Polen stehen Senkungen der Unternehmenssteuern bevor - aber auch beim Haupthandelspartner Deutschland brauche Österreich zur Sicherung des Standorts diese Maßnahme. Mit der deutlichen Senkung von 34 auf 25 Prozent habe die Regierung "einen durchaus auch mutigen Schritt" gesetzt. Die effektive KöSt-Belastung der Unternehmen - bisher vom IHS mit knapp unter 30 Prozent errechnet - sinke damit auf 23 bis 24 Prozent. "Das ist absolut attraktiv im Vergleich", so Felderer: Damit werde man auch bei der Umsetzung der in Deutschland geplanten massiven Senkung im Wettbewerb um Betriebsansiedlungen - und damit Arbeitsplätze - sehr konkurrenzfähig bleiben können.

Auch die Änderungen bei der Gruppenbesteuerung und die Erleichterungen für die Versicherungen sieht der Wirtschaftsforscher als positiv und notwendig an, um angesichts der laufenden internationalen "Reformlawine" als Firmenstandort bestehen zu können.

Ein Wermutstropfen ist für Felderer allerdings beim Steuertarif zu schmecken: "Es stimmt zwar, das alle etwas davon haben, bei Einkommen bis zu 100.000 Euro pro Jahr ist eine Entlastung erfolgt, aber den Spitzensteuersatz bei 50 Prozent zu belassen, ist doch problematisch." Das betreffe keineswegs nur "die Reichen": Zahlreiche Kleinunternehmer und vor allem "Hirnarbeiter" wie Forscher, die keine großen Abschreibungsmöglichkeiten haben, würden dadurch belastet. Er räumt ein, dass in Österreich dieser Spitzensteuersatz per Verfassungsbestimmung mit dem Doppelten der Kapitalertragssteuer fixiert ist - "die will niemand senken". Aber gerade in der Frage "Versteuerung von Kapitalerträgen versus solcher von Arbeitseinkommen" wäre die SPÖ wahrscheinlich gesprächsbereit.

Dass bei der Lohnsteuer keine stärkere Reduktion möglich war, sei angesichts der Tatsache, dass keine Gegenfinanzierung erfolge - etwa durch im Vorfeld häufig diskutierte Erhöhungen bei Mineral- oder Erbschaftssteuer - "vernünftig und realistisch". Bei der nächsten Etappe müsse man dennoch die Personenbesteuerung stärker senken, um gegen Ende des Jahrzehnts auf die angepeilte Steuerquote von unter 40 Prozent zu kommen: "Das ist notwendig und auch machbar." Derzeit gehe aber eben nicht mehr. Das Gesamtpaket der Entlastungen mit 2,53 Mrd. Euro wird im Jahr 2005 eine Ausweitung des Budgetdefizits auf wahrscheinlich 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bewirken - nach 0,7% im laufenden Jahr. Gleichzeitig sollte das Steuerpaket zusätzliche 0,3 Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum des Jahres 2005 beisteuern - Felderers IHS prognostiziert es mit 2,5 Prozent.

"Alle großen Steuerreformen international werden zunächst auf Kredit finanziert und erst in den folgenden Jahren eingespielt", beruhigt Felderer. Die von der Regierung eingeleiteten, mittelfristig strukturwirksamen Maßnahmen etwa beim Öffentlichen Dienst seien durchaus dazu angetan, die notwendigen Ausgabensenkungen zu Stande zu bringen. Und was das Volumen betrifft, solle man auch nicht unbescheiden sein: "Immerhin ist es die zweitgrößte Senkung in der Geschichte der 2. Republik. Die Deutschen haben - gemessen am BIP - gerade die Hälfte des Volumens zu Stande gebracht - und klopfen einander begeistert auf die Schultern."