Bei der Schalldämmung kommt es vor allem auf eines an: Dass die Schallkörper abgekoppelt werden.
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Der Filius quengelt, weil er unbedingt Schlagzeug lernen will – was nur allzu verständlich ist, weil das eben für viele Kinder das coolste Instrument ist (zumal es Taktgefühl und Ganzkörperkoordination massiv fordert und fördert). Das Problem dabei: die Lautstärke und die Schallübertragung. Denn wenn der Kleine – oder auch die Kleine, wir wollen hier keine Mädchen diskriminieren – dann daheim im Keller sitzt und in die Bussdrum steigt, auf die Snare-Drum eindrischt und das Crash-Becken scheppern lässt, ist das ohne entsprechende bauphysikalische Maßnahmen bis hinauf ins Dachgeschoß zu hören, wohin sich die lärmgeplagten Eltern aus dem Wohnzimmer geflüchtet haben.
Der Schall findet nämlich seinen Weg, egal ob durch Stahlbetondecken, Ziegelwände oder Holztrennwände, erklärt Gernot Pottlacher, Professor am Institut für Experimentalphysik der Technischen Universität Graz. Deshalb ist es wichtig, für entsprechenden Schallschutz zu sorgen, den Pottlacher, ein Lehrbuch zitierend, so definiert: "Schallschutz bedeutet, dass im Freien erzeugte Geräusche gegenüber dem Gebäudeinneren abgeschirmt werden, in großen Gebäuden in Räumen und Sälen ein geeignetes akustisches Klima aufgebaut wird und in Räumen entstehende Geräusche mit schallverminderter Lautstärke in Nebenräume eindringen sowie Lärmemissionen von innen nicht nach außen gehen."
Klingt ziemlich komplex, ist aber in der praktischen Anwendung relativ simpel. Es bedeutet nämlich einfach, dass der Schall daran gehindert wird, sich auszubreiten. "Es gibt dabei zwei physikalische Effekte: Schalldämmung durch Reflexion und Lärmdämmung durch Absorption", erklärt Pottlacher. Eine Betonwand zum Beispiel reflektiert sehr viel Lärm, dafür werden jene Teile, die trotzdem in den Baukörper eindringen, darin weitergetragen. Für Absorption wiederum gut geeignet sind Stoffe wie Filz oder Sand, "weil sie so viele Grenzflächen haben, dass der Schall darin mehr oder weniger vernichtet wird", erläutert der Experimentalphysiker.
Der Schall teilt sich auf. Somit gibt es beim Schallschutz vier Grundprinzipien: erstens die Luftschalldämmung (Reflexion) – durch schwere und dichte Baustoffe; zweitens die Luftschalldämpfung – durch besonders schallschluckende Stoffe, wobei der Schall in Wärmeenergie umgewandelt wird; drittens die Körperschalldämmung – in Form einer bauphysikalischen Unterbrechung durch Luft, Styropor, Sand oder Ähnliches zwischen einzelnen Baukörpern (also zum Beispiel Beton-Luft-Beton); und viertens die Körperschalldämpfung – eine Minderung der Ausbreitung und Abstrahlung durch den Körper selbst.
An sich ist das Grundbild immer das gleiche: Wenn irgendwo eine Welle auftrifft, wird ein Teil reflektiert, ein Teil transmittiert, und ein Teil geht in den Körperschall. Je nach Körper teilt sich der Schall dabei eben unterschiedlich auf.
In der Bauphysik spielen die verschiedenen Eigenschaften der verwendeten Stoffe natürlich eine wichtige Rolle. Wobei der TU-Professor anmerkt, dass es für Hausbauer relativ egal ist, welchen Baustoff sie primär einsetzen: "Hohlziegel, Dichtbeton, Holzwand – diese Stoffe sind im Grunde alle gleich gut oder gleich schlecht, wenn es um Schalldämpfung geht. Die Abweichungen bei der Schalldämpfung sind hier relativ gering." Das, worauf es hingegen wirklich ankommt, ist der richtige Materialmix und die Abkoppelung der einzelnen Festkörper, betont der Experte.
So wie bei der Wärmedämmung Kältebrücken vermieden werden, versucht man auch Schallbrücken zu reduzieren. Deshalb wird zum Beispiel unter einem Parkett- oder Laminatboden eine Trittschalldämmung aus Styropor oder Filz verlegt und ein schwimmender Estrich nicht bis direkt an die Wand gegossen, sondern ein kleiner Spalt freigelassen, in den dann ein dünner Styroporstreifen kommt – was bei einer Fußbodenheizung den zusätzlichen Effekt hat, dass der Estrich beim Erwärmen noch ein bisschen zusätzlichen Spielraum hat, sollte er sich ausdehnen. "Hier machen natürlich manche Bauherren große Fehler die ihnen erst später bewusst werden", berichtet Pottlacher, "etwa, wenn in eine freihängende Schicht ein Abflussrohr einbetoniert wird – damit wird dann der ganze Effekt zerstört, weil das Rohr selbst den Schall weiterträgt." Womit wir wieder beim Thema Körperschall und Luftschall gelandet sind.
Kleiderbügel-Experiment. Zum Körperschall gibt es übrigens ein anschauliches Experiment, mit dem der Experimentalphysiker dessen Wirkung gerne demonstriert: "Nehmen Sie einen Drahtkleiderbügel zur Hand, binden Sie links und rechts einen Bindfaden an den Bügel, dann wickeln sie die jeweils anderen Fadenenden um Ihre Zeigefinger und stecken Sie diese in Ihre Ohren. Wenn Sie jetzt mit dem Kleiderbügel an ein Tischkante schlagen, glauben Sie, Sie hören die Pummerin läuten." (Anmerkung der Redaktion: Mit Hilfestellung eines Zweiten funktioniert es noch besser.)
Eigenbau-Schallschutz
Mit all diesem Wissen ausgestattet, sind wir jetzt ausreichend gerüstet, um unserem Kind nun doch noch sein Schlagzeug zu erlauben. Denn einen schallgeschützten Keller kann man sich relativ einfach auch selbst einrichten, meint der Tontechniker Walter Till, Betreiber des Wiener Tonstudios Euroacoustics (www.waltertill.at). Kostenpunkt: 5000 Euro, wenn man wie im nachfolgenden Beispiel einen vier mal vier Meter großen Kellerraum mit Tür und ohne Fenster selbst zum Musikstudio ausbaut.
"Die erste Frage lautet: Gibt es einen schwimmenden Estrich? Und wie viel Schall überträgt der nach außen? Das kann man testen, indem man mit einem Gummihammer den Boden abklopft und im übrigen Haus horcht, wie viel durchdringt. Wenn das nicht so laut ist, ist das schon einmal gut", erklärt Till. Falls der Estrich nicht schwimmt, kommt zunächst eine Schicht Akustikdämmstoff (gibt es im ausgewählten Fachhandel), auf den dann Bodenplatten (zum Beispiel aus Holz) verlegt werden, "damit hat man auch einen freischwimmenden Boden".
Auf diesen Untergrund kommt dann eine Vorsatzschale als Raum-in-Raum-Konstruktion, deren Wände aus U-Profilen bestehen, die auf dem Estrich – oder eben auf den schwimmenden Bodenplatten – fixiert und seitlich doppelt mit Gipskarton beplankt werden. An die Decke des Kellerraumes kommt sogenannter Sonofoam. Dieser Akustikdämmschaumstoff wird direkt an die Decke geklebt, darüber kommen ebenfalls Gipskartonplatten. "Wichtig dabei ist, dass der Schaumstoff voll an die Seitenwände anstößt. An die erste Gipskartonschicht wird eine zweite Lage Gipskarton angeschraubt, wobei die Spalten nicht übereinander, sondern versetzt liegen sollten", erläutert der Tontechniker. Die sichtbaren Spalten zwischen den Gipskartonplatten werden dann ordentlich zugespachtelt (Bewehrungsstreifen nicht vergessen), und solllte es zwischen Seitenwänden und Decke jetzt noch Spalten geben, kommt dort noch einmal Sonofoam hinein. Wichtig ist, auch bei den Stromleitungen für Steckdosen und Licht, die in den Kobel hineinführen, für ordentliche Abdichtung zu sorgen.
Als Zugang in die schallgeschützte Box dient eine normale Brandschutz-Schalltür, die in die Vorsatzschale eingesetzt wird. "Die Türfüllung kann man mit normalem PU-Schaum füllen, aber sehr dicht", sagt Till. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann an die Seitenwände auch noch Holzplatten montieren, diese abdichten und dann darauf den Gipskarton schrauben. "Und die Decke könnte man auch abhängen und mit Dämmwolle füllen, bevor man darunter den Gipskarton einhängt." Damit lassen sich etwa 35 bis 45 Dezibel gewinnen, die nicht nach außen dringen, "das ist schon ein guter Wert", meint der Tontechniker, der sein eigenes Studio ähnlich ausgerüstet hat, allerdings um einiges teurer, "weil wir auch Fenster haben."
Handwerklich Unversierte können natürlich auch eine Firma beauftragen, was etwas mehr kostet. Und wem das alles viel zu teuer ist, für den gibt es noch eine andere Alternative: ein Elektro-Schlagzeug mit Kopfhörern.