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Wider die "Geschwätzigkeit"

Von Walter Hämmerle

Politik

"Freiheit braucht Rechtsstaat" lautete der programmatische Titel eines von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) gestern veranstalteten Forums. Vor dem Hintergrund innenpolitischer Diskussionen um Verfassungsgerichtshof (VfGH) und Pragmatisierung nutzten die Referenten die Gelegenheit für klare Positionierungen in eigener Sache.


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Nicht nur der Titel, auch der Ort, die Österreichische Akademie der Wissenschaften, war symbolisch gewählt: Nämlich als "bewusster Kontrapunkt zur gegenwärtigen Geschwätzigkeit in Sachen Rechtsstaat", wie GÖD-Vorsitzender Fritz Neugebauer einleitend bemerkte.

Ludwig Adamovich, Präsident des VfGH, beklagte die "weitgehende Desinformation auch oberster Staatsorgane über Funktion und Bedingungen von Prüfverfahren des VfGH". Nur so sei eine Polemik wie anlässlich des Ortstafel-Erkenntnisses möglich. Die radikal-demokratische Auffassung, dass der Rechtsstaat eine Beschränkung der Demokratie darstelle, entspreche nicht der österreichischen Verfassung.

Da der Gesetzgeber eher die Interessen der Allgemeinheit im Auge habe, müsse es Aufgabe des nachprüfenden Gerichts sein, den Interessen des Einzelnen zum Durchbruch zu verhelfen, so Adamovich. Dies komme etwa in der Judikatur zum Vertrauensschutz bei Budget-Konsolidierungsmaßnahmen deutlich zum Vorschein.

Kritisch mit der laufenden Diskussion über Ausgliederungen und Privatisierungen setzte sich der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), Clemens Jabloner, auseinander. Man dürfe nicht alles einzig und allein unter budgetären oder betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachten, sondern müsse auch die volkswirtschaftliche Kosten-/Nutzen-Rechnung im Auge behalten. Eine Gefährdung sieht Jabloner aber auch in der Normenflut, die den Rechtsstaat zu ersticken drohe. Diesen sieht er zwar derzeit nicht in Gefahr, plädiert jedoch vorsorglich für mehr Informationen über Recht und Verfassung an Schulen.

Klaus Schröder, Vorsitzender der GÖD-Sektion Richter und Staatsanwälte, wandte sich abschließend vehement gegen die "pauschale Herabsetzung des öffentlichen Dienstes".