Justizministerin Beatrix Karl kann sich Verschärfung vorstellen. | Funk: "Tätigkeit als Abgeordneter keine Legitimation für Rechtsbruch."
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Wien. "Skandalurteil" und "Politjustiz". Das waren nur einige der zahlreichen empörten Reaktionen auf die -nicht rechtskräftige - Verurteilung Uwe Scheuchs in der Part-of-the-Game-Affäre Anfang August. Der Chef der Kärntner Freiheitlichen weigert sich nach wie vor beharrlich, zurückzutreten - erst eine Bestätigung des Urteils in zweiter Instanz könnte ihn dazu zwingen.
"Das ist seine eigene Verantwortung", meint Justizministerin Beatrix Karl dazu. Sie kann sich aber generell schärfere Konsequenzen für strafrechtlich verurteilte Politiker vorstellen. Derzeit müssen Regierungsmitglieder nur zurücktreten, wenn sie straffällig geworden sind. Bei Nationalratsabgeordneten sind die Regeln weniger streng: Nur wenn der Mandatar zu einer mehr als einjährigen - bedingten oder unbedingten - Freiheitsstrafe verurteilt wurde, kann er seinen Sitz im Hohen Haus verlieren. Dies muss der Nationalrat mit einfacher Mehrheit beim Verfassungsgerichtshof beantragen, der dann darüber entscheidet.
Diese komplizierte Regelung, die es möglich macht, dass es mit Peter Westenthaler (BZÖ) und Susanne Winter (FPÖ) zwei verurteilte Nationalräte gibt, liegt im Parlamentarismus des 19. Jahrhunderts begründet, erklärt der Wiener Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk. Ziel war es, zu verhindern, dass die Exekutive vom Volk gewählte Abgeordnete in der Ausübung ihres Mandats behindert.
Wenig Begeisterung bei Parlamentariern
Eine Verschärfung in diesem Bereich "kann ich mir durchaus vorstellen", sagte nun die Justizministerin zur "Wiener Zeitung". Allerdings sei dies ein Thema, das - weil es die Abgeordneten direkt betrifft - auf parlamentarischer Ebene diskutiert werden müsste.
Und dort hält sich die Begeisterung für eine Verschärfung naturgemäß in Grenzen. So sprach sich etwa Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser dagegen aus, Rücktritte "über ein Nebenstrafrecht zu regeln". Auch für FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer wäre dies ein "Unfug der Sonderklasse". "Die Rücktrittskultur könnte moralisch stringenter empfunden werden", sagte er aber. Das BZÖ zeigte sich indes verhandlungsbereit, "wenn die Regeln für alle gleich sind".
Bei der SPÖ verwies man auf die laufenden Verhandlungen: Kurz vor der Sommerpause des Nationalrats haben sich die Parteien zwar auf eine Reform der Abgeordneten-Immunität geeinigt, im Herbst sollen die Gespräche über die geplante Geschäftsordnungsreform und die Parteienfinanzierung weitergehen. Dabei werde auch der Mandatsverlust ein Thema sein.
Verfassungsjurist Funk hält angesichts der "Rücktrittsunkultur" in Österreich eine Verschärfung für sinnvoll. Möglich sei eine Herabsetzung des Mindeststrafmaßes für einen Mandatsverlust, außerdem "könnte man auch überlegen, dass eine Verurteilung automatisch zum Mandatsverlust führt", so Funk.
Nationalratspräsidentin unterstützt Karl
Unterstützung für Karl kam von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer: Sie bleibe dabei, dass die Regelung schärfer gefasst werden könnte. "Für mich ist vorstellbar, dass jede rechtskräftige Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe zu einem Mandatsverlust führt", sagte sie.
Wäre aber eine solche Verschärfung nicht problematisch für die Demokratie? Nein, sagt Funk: "Die Tätigkeit als Volksvertreter kann keine Legitimation für einen Rechtsbruch sein."