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Widersprüche auf den ersten Blick

Von Martyna Czarnowska

Politik

Frauen sind im Durchschnitt zufriedener mit ihrer Arbeit als Männer. Dieses Ergebnis einer Studie steht nur scheinbar im Widerspruch zu den noch immer hohen Einkommensunterschieden und der Doppelbelastung, die viele weibliche Beschäftigte oftmals in Kauf nehmen müssen.


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Es sei die im Schnitt geringere Arbeitszeit, die Frauen im Durschnitt zufriedener mit ihrer Arbeit macht als Männer. Zu diesem Ergebnis kommen die AutorInnen einer Ifes- und Sora-Studie der Arbeiterkammer Oberösterreich. Der Arbeitsklima-Index der Frauen liege demnach bei 109, jener der Männer bei 108. Bei Teilzeit-Beschäftigten fällt der Unterschied noch deutlicher auf (112 bzw. 106). Eine Erklärung liegt für Hubert Wipplinger, Präsident der Oberösterreichischen AK, auf der Hand: Frauen seien zufriedener, wenn sie Job und Familie "unter einen Hut" bringen können.

Doch damit bestätige sich auch die Forderung nach besseren Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben. Investitionen in Kinderbetreuungseinrichtungen seien daher Investitionen in die Zukunft, stellte Wipplinger fest.

Nicht losgelöst davon ist die Kritik Christoph Hofingers von Sora am Kindergeld zu betrachten. Er sprach von einem "Dilemma für besserverdienende Frauen", verursacht durch die Zuverdienstgrenze in Höhe von 200.000 Schilling. Insgesamt erhöhe diese den Druck, dass ein Partner ganz auf die Arbeit verzichten müsse.

Gehaltsunterschiede enorm

Dass die höhere Zufriedenheit von Frauen nicht nur positiv zu werten ist, wird in einem größeren Zusammenhang klar. Denn die Gehaltsunterschiede bleiben weiterhin gewaltig: Mit 18.400 Schilling netto monatlich verdienen Männer im Schnitt um fast die Hälfte mehr als Frauen mit 13.000 netto. Und die unbezahlte Arbeit geht meist auf das Konto von Frauen. Letzteres mittels eines Gleichbehandlungsgesetzes zu verändern, sei nicht möglich, erklärt Ingrid Nikolay-Leitner. Denn dieses regelt nur die innerbetriebliche Situation.

Doch auch daraus resultiere ein Teil der Einkommensunterschiede, meint die Leiterin der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Frauen geben sich oft bescheidener, verlangen ein geringeres Einstiegsgehalt als Männer. "Dies wirkt sich dann auf den gesamten Berufsverlauf aus", stellt Nikolay-Leitner klar.

Die Vermutung, dass diese Bescheidenheit sich auch auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt, möchte sie nicht von der Hand weisen: "Es gibt Zusammenhänge zwischen Bescheidenheit und realistischem Denken." Viele Frauen wissen, dass sie bei unbezahlter Arbeit kaum Unterstützung erhalten. Daher seien sie mit Teilzeit-Beschäftigung eher zufrieden - nur damit ließen sich andere Tätigkeiten vereinbaren.