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Widerstand gegen "Land"-Lehrer

Von Brigitte Pechar

Politik

Industrie empört über Regierungsplan zur Übertragung aller Lehrer an Länder.


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Wien. Die Koalitionsverhandlungen schreiten voran. Die Gruppe "Staatsreform und Direkte Demokratie", die Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) mit Seniorenbund-Obmann Andreas Khol (ÖVP) leitet, will "vielleicht schon Ende dieser Woche" Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger Ergebnisse präsentieren. Eines dieser Ergebnisse scheint die Verlagerung der Bundeslehrer (AHS, BHS, BMS) zu den Ländern zu sein. Die Länder seien sich darüber bereits einig, hieß es aus der Gruppe zur "Wiener Zeitung".

"Wir sind sehr weit fortgeschritten und sind uns in vielen Punkten auch im Wesentlichen einig. Immer wieder vorausgesetzt, dass Bundeskanzler und Vizekanzler hier die Feinabstimmungen noch auf höchster Ebene machen müssen", sagte Niessl, ohne Details zu den Verhandlungen zu nennen.

Die Pflichtschullehrer sind schon immer bei den Ländern angesiedelt, nun holen sich die Landeshauptleute offenbar auch die Bundeslehrer. Dass die Lehrer unter einem Dach sind, ist für Bildungsexperten eine völlig logische Sache, allerdings erwartet man sich in der Wissenschaft eher ein Bundes- als ein Landesdach. Die neue Lehrerausbildung, die vom Nationalrat bereits beschlossen ist, und das neue Lehrerdienstrecht, das sowohl für Bundes- als auch für Landeslehrer gelten soll, sind Schlüssel für eine Zusammenführung auch in organisatorischer Hinsicht.

Überrascht von den neuen Plänen zeigt sich der Bildungsexperte der Industriellenvereinigung, Christian Friesl. "Ich hoffe, dass das nicht stimmt", sagt Friesl zur geplanten Verländerung der Lehrer. "Das brauchen wir überhaupt nicht. Das wurde vor drei Jahren bereits diskutiert. Wir brauchen nicht mehr Bildungsföderalismus." Was es brauche, seien mutige Reformen im Elementarpädagogikbereich, und man müsse in der Sekundarstufe I (Hauptschule, AHS-Unterstufe) etwas tun. "Es braucht eine gemeinsame Schule, die die Nachteile der frühen Selektion aufhebt", sagt der Bereichsleiter Gesellschaftspolitik der IV. Und es brauche drittens den Ausbau der verschränkten Form der Ganztagsschule. "Wenn man sich auf solche große Reformen einigt, bedarf es eines guten Bundesrahmens. Auf der anderen Seite muss die Autonomie auf Schulebene gefördert werden." Friesl sieht auch die Gefahr, dass durch die Zuordnung aller Lehrer an die Länder diese ihren personalpolitischen Einfluss auf Direktorenbestellungen verstärken. "Eine Verlagerung der Bundeslehrer zu den Ländern muss verhindert werden. Es täte sowohl ÖVP als auch SPÖ gut, nach vorne zu schauen und nicht Machtansprüche zu sichern", betont Friesl.

Auch die Wirtschaftskammer ist massiv gegen einen solchen Schritt. Sie befürchtet ebenfalls Einflussnahme bei Lehrer- und Direktorenbestellungen.

Da die Verländerung eine Zweidrittel-Materie ist, braucht die Koalition die Zustimmung von FPÖ oder Grünen im Nationalrat. Von den Grünen wird es dazu "sicherlich keine Zustimmung geben", wie Bildungssprecher Harald Walser betont.

Eine Verfassungsmehrheit könnte die FPÖ beschaffen. Deren Bildungssprecher Walter Rosenkranz hat sich klar für die Länder-Diensthoheit über alle Lehrer ausgesprochen. Bei Bestellungen müssten aber Objektivierungskriterien gelten.