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Widerstand gegen Obama bröckelt

Von Alexander U. Mathé

Politik

Spitzenmanager signalisieren Einverständnis mit Reichensteuer.


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Washington/Wien. Tom Cole kannte bis vor kurzem kaum jemand. Doch auf einmal erfreut sich der US-Abgeordnete aus Oklahoma einer Bekanntheit, die bis weit in die Welt hineinreicht. Er ist der erste Republikaner, der mit der offiziellen und starren Parteilinie gebrochen hat und sich im Finanzstreit des Kongresses für eine Annäherung an US-Präsident Barack Obama ausgesprochen hat.

Gerade ein Monat bleibt noch, um die sogenannte Fiskalklippe zu umschiffen. Dabei geht es um Steuererleichterungen, die unter Obamas Vorgänger George W. Bush eingeführt wurden. Zur Jahreswende laufen sie aus; hinzu kommen noch automatische Ausgabenkürzungen. Alles in allem sind es 665 Milliarden Dollar an Abgaben an den Fiskus, die da auf die Amerikaner zukommen, sollten sich Demokraten und Republikaner nicht noch rechtzeitig auf einen Kompromiss einigen können. Was da theoretisch Geld in die Staatskasse spült, könnte die sich allmählich erholende amerikanische Wirtschaft zurück in eine Rezession stürzen.

Der Streit zwischen dem demokratischen Senat und dem republikanischen Repräsentantenhaus dreht sich vor allem darum, wer weiterhin in den Genuss von Steuererleichterungen kommen soll. Die Demokraten wollen die Reichen davon ausnehmen, die Republikaner wollen sie inkludieren. Cole machte nun Schlagzeilen, weil er vorschlug, sich einmal auf alle außer die Superreichen zu einigen - also etwa 98 Prozent der Amerikaner - und die Entscheidung über die verbleibenden zwei Prozent auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. Das wäre natürlich ein Sieg für die Demokraten, die dementsprechend auf den Vorschlag reagierten: "Tom Cole ist jetzt unser Lieblingsrepublikaner", hieß es aus Obamas Lager. Die starre Front der Republikaner gegenüber dem Präsidenten scheint langsam zu brechen.

Aufrechterhalten wurde sie vor allem, um der radikalen Tea Party gerecht zu werden. Doch die Niederlagen bei den letzten Präsidentschafts- und Kongresswahlen schwächte die Protestbewegung nicht nur, sie wurde von Analysten sogar teilweise dafür verantwortlich gemacht, da sie die Kandidaten zu extremen und unbeliebten Positionen genötigt hatte.

So fand Tom Cole auch sogleich Unterstützung von anderen Republikanern. "Gute Idee", sagte sein texanischer Kollege Lamar Smith. Doch auch Spitzenmanager von Konzernen wie Goldman Sachs, Yahoo oder AT&T haben Obama inzwischen den Rücken gestärkt. Beide Seiten müssten Kompromisse eingehen, sagten mehrere Konzernchefs nach dem Treffen im Weißen Haus am Mittwoch. Sie signalisierten Akzeptanz für die geplanten Steuererhöhungen für wohlhabende Amerikaner.

Sogar der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses John Boehner sorgte für Optimismus - er erklärte sich über Steuereinnahmen verhandlungsbereit. Obama kündigte in der Folge an, noch bis Weihnachten eine Einigung erzielen zu wollen.

Am Donnerstagabend bremste Boehner den Optimismus massiv: Es habe in den letzten zwei Wochen keinen Fortschritt gegeben, sagte er nach einem Treffen mit Finanzminister Timothy Geithner. Die Demokraten meinten es immer noch nicht ernst mit Ausgabenkürzungen, beklagte Boehner. Die wechselseitigen Schuldzuweisungen setzen sich - zumindest fürs Erste - unverändert fort.