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Am Sonntag dürfen wir sie wählen: Captain EU, Batman, Robin, Batwoman, Joker und Two-Face. Und ab Montag ist alles besser. Der alte Präsident war zwar hervorragend, aber der neue wird besser. Ab Montag werden die Dinge nämlich angegangen, die Hausaufgaben gemacht, Lösungen durchgezogen. Auf Punkt und Beistrich.
Irgendwie schade, dass der neue nicht schon voriges Jahr da war. Bei der Griechenlandkrise. Oder bei der Flüchtlingskrise. Der hätte es schon gewusst. Der hätte sich die Regierung kommen lassen. Der hätte gesagt: Entweder ihr spurt, oder ihr geht. Hier ist die Lösung! Gestern schon hätte sie umgesetzt sein sollen.
Vielleicht wäre es besser, bevor der alte gewählt wird, gleich einen neuen zu wählen. Bevor ein Präsident angelobt wird, wird ein neuer, ein besserer gewählt.
Eine wirre Idee? Eine Idee, die dem Ansehen des höchsten Amtes Österreichs schade?
Ich finde, es war ein wirrer Wahlkampf. Noch wirrer als die vorherigen. Die Kandidaten und die Kandidatin kochten, zeichneten, sprangen.
TTIP und andere Widrigkeiten wurden außen vorgelassen; oder sicherheitshalber gleich weggelassen. Dass die Kandidaten der Parteien, die in Österreich Regierungsverantwortung hätten, lieber kochten, zeichneten, sprangen ist verständlich. Den Vogel hat sicher Van der Bellen abgeschossen: Er erklärte sich zu einem unabhängigen Kandidaten.
Eine mögliche Erklärung für solch wirre Wahlkrämpfe ist für mich, dass die Wählerschaft die Hoffnung, Lösungen und Zukunft wählen zu können, bereits über Bord geworfen hat, und ihre Sorgen kurzfristig in einem virtuellen Wahlkampfspiel zu vergessen sucht: Wählerinnen schlüpfen in die Rolle eines Superhelden. Es wird nicht mehr ein Wahlprogramm, sondern eine virtuelle Figur, wie man oder frau gerne selbst wäre, gewählt. So schnitten die Neos trotz Forderungen nach Privatisierung des Wassers und des Gesundheitssystems bei der letzten EU-Wahl gut ab. Viele wollten eben so liberal, so erfolgreich, so neos sein.
Um sich als Superheldin fühlen zu können, braucht es die Superschurken. Auch diese haben gute Chancen. Für viele Frustrierte sind die Superschurken die eigentlichen Superhelden. Viele wären lieber Superschurken als Superheldinnen. Eigentlich ist heute eine Grenzziehung zwischen Superheldin und Superschurken schwer.
Gewählte Häupter, die an sich Superhelden wären, trauen sich schon lange nicht mehr unters Volk. Als Bub sah ich noch einen Franz Jonas, oft in Begleitung seiner Gattin, seine Mittagsrunde im Burggarten spazieren. Ohne jeden Begleitschutz. Heute hat schon oft ein Bezirksrat Bedenken, sich bei einem Kebabstand zu outen. Heinisch-Hosek zB musste immer wieder Polizeischutz anfordern.
Was ich gerne gehört hätte? Wahres. So kennen - mit Ausnahme des Dr. Andreas Khols - alle Kandidaten aus eigener Erfahrung die Schwierigkeiten, eine Patchworkfamilie zu gründen. Es ist denkunmöglich, dass bei allen fünf das Ende der alten und der Übergang in eine neue Familie keine negative Auswirkungen für ihre Kinder hatten. Es ist ebenso denkunmöglich, dass sie nicht die verheerenden Folgen der Standardisierung der Familienrechtsprechung mitbekamen; wenn nicht im eigenen Fall, so zumindest durch die eigene Trennung sensibilisiert in anderen Fällen. In Wien werden mehr als 50 % der Ehen geschieden. Und in allen strittigen Trennungen bleiben die Kinder auf der Strecke.
Doch kein Kandidat riskierte, sich in machbaren Lösungsvorschläge zu verstricken. Viel leichter fällt, bedrohliche Szenarien global zu entschärfen, als einzelnen Trennungskindern ihr Leben zurück zu geben.
Daher ist es nur konsequent, die Gräben im eigenen Land immer tiefer aufzureißen aber gleichzeitig nach mehr Integration zu rufen.
Ich glaube, dass nicht einmal die Angelobung eines freiheitlichen Kanzlers durch einen freiheitlichen Präsidenten den Untergang Österreichs bedeuten würde. Wahrscheinlich würden einige leichter, andere schwerer zum Futtertrog finden.
Aber ich glaube, dass die Umwandlung der Politik in eine Virtualisierungssoftware den Untergang der realen Demokratie bedeuten wird.