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Heinz Mayers Gutachten zu Studiengebühren bringt die Hochschulen erst recht in die Bredouille. Am Ende sind wohl die Höchstgerichte am Wort.
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Der 24. September 2008 war ein schwarzer Tag in der politischen Kultur Österreichs. Kurz vor der Nationalratswahl verteilten die Parteien in besinnungslosem Populismus Wahlgeschenke an Jung und Alt, die die Zukunft des Landes nachhaltig belasten. Die Verlängerung der "Hacklerpension" prolongierte den Run in den vorzeitigen Ruhestand. Und die Umwandlung der Studiengebühren in eine Ausnahmeregelung für Bummelstudenten verschlechterte die angespannte Finanzsituation der Universitäten weiter. Dabei sind SPÖ, FPÖ und Grüne aber so schlampig vorgegangen, dass die diesbezügliche Novelle des Universitätsgesetzes im heurigen Juli vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde.
Die SPÖ hatte es mit einer Reparatur dieses Gesetzes gar nicht eilig. Sie würde die Studiengebühren ja am liebsten ganz abschaffen. Und genau das - so glaubte man bisher - würde eintreten, wenn es bis zum März 2012 zu keiner Einigung innerhalb der Regierung kommt. Stimmt nicht, sagt nun ein Rechtsgutachten des Verfassungsjuristen Heinz Mayer. Das alte Gesetz würde zwar auslaufen, aber die im UG 2002 begründete Autonomie würde es jeder Uni erlauben, selbst über Studiengebühren zu entscheiden. Alles nicht ausdrücklich Verbotene sei erlaubt.
Nun steht die SPÖ, der die Zeit in die Hände zu spielen schien, plötzlich unter Zugzwang. Daher wirft sie dem Wissenschaftsminister "erpresserisches Verhalten" vor, obwohl der nur seiner Verantwortung nachkam, nach einer Aufhebung des Gesetzes die rechtliche Lage klären zu lassen. Auf der anderen Seite gibt es seitens der ÖVP "Unzufriedenheit" mit Heinrich Schmidinger, dem neuen Rektorenchef. Er würde sich abwartend verhalten und die Universitäten nicht entschlossen genug dazu auffordern, die von Mayers Gutachten behauptete Autonomie wahrzunehmen. Dabei ist die Situation alles andere als eindeutig. Zwar teilen einige prominente Verfassungsjuristen Mayers Interpretation, andere aber widersprechen. Nur zu verständlich, dass die meisten Rektoren in einer so heiklen Angelegenheit nichts unternehmen werden, solange keine Rechtssicherheit besteht.
Sollte eine Universität - gestützt auf Mayers Rechtsgutachten - Studiengebühren einheben, würde sie von der ÖH geklagt werden. Schon derzeit laufen zwei Rechtsverfahren - darunter eine Klage der Wirtschaftsuniversität gegen den Bund wegen Verletzung der Leistungsvereinbarung -, die die Zukunft des offenen Hochschulzugangs maßgeblich beeinflussen werden. Möglicherweise wird demnächst das Höchstgericht auch die Zulässigkeit von Studiengebühren entscheiden.
Man würde sich eine politische Kultur wünschen, in der politische Meinungsverschiedenheiten auf zivilem Wege ausgetragen werden. Denn das verstärkte Engagement der Gerichte führt zwangsläufig zu einer Formalisierung der hochschulpolitischen Debatte. Aber offenkundig kann die in Lagerkämpfen aufgeriebene Bildungspolitik dieses Landes nicht einmal formale Rationalität gewährleisten. Daher werden wir damit leben müssen, dass zentrale Eckpunkte unseres Hochschulsystems von den Höchstgerichten festgelegt werden.