)
Ältere Generation in Klein- und Mittelbetrieben gefragt. | AK-Experte: Demografische Falle schnappt erst 2012 zu. | Bei der Umsetzung happert es noch. | Wien. Sie ist die Älteste im Betrieb. Alt wirkt die 53-jährige Hedwig Götz aber bei weitem nicht, wenn sie fröhlich darauf losplaudert und dabei wild gestikuliert. Grund zum Fröhlichsein hat die symphatische Rothaarige nun wieder - endlich.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Nach einer drei Jahre langen Jobsuche ist die Absolventin einer Handelsschule und ehemalige Büroangestellte über den Personalvermittler Manpower auf Vivisol gestoßen. In dem auf Heimbehandlungsgeräte im Bereich der Atemwegserkrankungen spezialisierten Unternehmen arbeitet Götz in der Administration, macht Abrechnungen und hat Kontakt mit den Krankenkassen und Patienten.
"Hier ist es total super! Es klingt übertrieben, aber es ist wirklich so", sprudelt es aus der 53-Jährigen heraus. "Ich bin überzeugt, dass ich länger arbeiten werde als bis zum Pensionsalter", sagt sie. Die Chance dazu hätte sie jetzt zumindest.
Geburtsdatum gelöscht
Vor ihrer Einstellung bei Vivisol hätte Götz allerdings fast die Flinte ins Korn geworfen. 300 Ablehnungen hat sie von den Firmen bekommen - ungeachtet jener Unternehmen, die sich erst gar nicht auf ihre Bewerbung gemeldet hätten. Zu Gesprächen eingeladen wurde sie "sicher nur zehn Mal" - hauptsächlich dann, wenn sie ihr Alter im Lebenslauf nicht angegeben hatte. Denn sie war sich sicher, dass ihre Erfolglosigkeit bei der Arbeitssuche am Alter gelegen hatte. "Die Firmen haben gesagt, dass ich zu teuer bin", erklärt Götz. Dabei hätte sie ohnehin das angenommen, was ihr geboten worden wäre.
Rückblickend hat sich die Warterei für Götz ausgezahlt. "Wenn man sagt, dass alles einen Grund hat, dann hat es einen Grund gehabt, dass ich so lange gesucht habe", meint sie mit einem Leuchten in den Augen.
Bei Vivisol wurde sie herzlichst aufgenommen, die Zusammenarbeit im Team funktioniert perfekt. Das bestätigt auch die Leiterin der Administration, Edith Hoffmann. "Frau Götz hat sich sehr gut in unser Team eingefügt." Gerade im Umgang mit den Patienten würden sich ältere Arbeitnehmer oft leichter tun. Das Alter von Götz war bei der Einstellung kein Thema. "Ihre persönliche Ausstrahlung hat mich überzeugt", sagt Hoffmann.
Vor allem in Klein- und Mittelunternehmen (KMU) ist die ältere Generation immer mehr gefragt - so auch bei dem Backhaus Hubert Auer in Graz. Von den 40 Mitarbeitern, die in den vergangenen drei Jahren neu eingestellt wurden, sind mehr als die Hälfte älter als 40, zehn Prozent sind sogar älter als 50 Jahre. "Wir differenzieren nicht nach dem Alter, nur nach der Qualifikation", erklärt der Inhaber Harald Sükar. Für ihn liegt der Vorteil älterer Arbeitnehmer auf der Hand: "Sie haben wesentlich mehr Erfahrung." Teuer kommen würden ihn die älteren Mitarbeiter nicht, da "wir ohnehin über dem Kollektivvertrag bezahlen".
Altes Eisen unerwünscht
"Bei KMU hat es nie geheißen, dass Ältere nichts taugen", behauptet Klaus Brodkorb, Geschäftsführer des niederösterreichischen Vereins Initiative 50. Er kann schon seit 2002 eine "Rückkehr der Silberschläfen" feststellen.
3200 Firmen beziehen ihre Arbeitskräfte über den gemeinnützigen Verein. Dieser vermittelt Frauen über 45 und Männer über 50, die ihren Hauptwohnsitz in Niederösterreich haben. Die Arbeitnehmer sind zuerst noch bei der Initiative 50 angestellt und werden den Firmen quasi leihweise überlassen. 2007 wurden von 694 überlassenen Arbeitskräften ganze 86 Prozent von den Firmen fix übernommen, erzählt Brodkorb erfreut.
Doch nicht überall im Berufsleben stehen Arbeitnehmern ab 45 die Türen so weit offen. "Gerade in großen Konzernen herrscht noch immer die Meinung: Das alte Eisen ist für die Katz´", erzählt Leopold Stieger, Gründer der Plattform Seniors4Success, die sich unter anderem mit der Jobvermittlung für ältere Arbeitnehmer befasst.
Ein Fuß in der Pension
Wie sehr ältere Arbeitnehmer gefragt sind, hängt auch von der jeweiligen Branche ab. Während sich etwa die Baubranche mit der Beschäftigung Älterer sicher schwerer tut, ist das Alter in der Beratungsbranche durchaus ein Vorteil, findet zumindest Heinz Bayer. Der ruhige 53-Jährige arbeitet in dem Trainings- und Consultingunternehmen "Die Berater" als Coach. "Ich sehe das Alter für mich als Vorteil, weil die Menschen, die zu mir kommen, auch älter sind", erzählt er. Seine Kollegin Elisabeth Schügerl-Kiener pflichtet ihm bei. Die robuste Blondine leitet die Abteilung für Corporate Social Responsibility bei "Die Berater" und macht Schulungen im Soft Skills-Bereich. Gemeinsam mit Bayer zählt die 52-Jährige zu jenen 25 Prozent der Angestellten in der Firma, die älter als 45 sind.
Das Vorurteil, dass ältere Arbeitnehmer öfter krank sind, will sie gleich aus dem Weg räumen. "Ich bin in den neun Jahren, in denen ich hier arbeite, keine neun Tage krank gewesen."
Über schlechte Erfahrungen mit älteren Arbeitnehmern, die bereits mit einem Fuß in der Pension stehen, kann auch Konrad Fankhauser, Human Ressources-Manager bei "Die Berater", nicht berichten. Dennoch glaubt er, dass viele Unternehmen wegen der Angst vor vermehrten Krankenständen Ältere nicht einstellen wollen. "Das Geld spielt sicher auch eine Rolle", fügt Schügerl-Kiener hinzu.
Personalisten können sich jedoch gegenüber älteren Mitarbeitern nicht mehr verschließen, "weil es zwangsläufig ein Thema ist", ist Fankhauser überzeugt und spricht damit den demografischen Wandel an. Bei der Umsetzung würde es allerdings noch happern. Kein Wunder, denn noch ist die demografische Falle nicht zugeschnappt. Laut Gernot Mitter von der Arbeiterkammer Wien nimmt die Altersgruppe der unter 25-Jährigen bis 2012 noch zu, "in Wien wird der Zuwachs an jungen Arbeitskräften erst 2020 abreißen". Für Manpower-Geschäftsführer Erich Pichorner zeichnet sich allerdings schon jetzt ein Trend zur Rückkehr der Silberschläfen ab. "Natürlich hätten Unternehmen lieber junge Mitarbeiter mit einer aktuellen Ausbildung und fünf Fremdsprachen. Doch das ist weder qualitativ, noch quantitativ vorhanden. Deshalb wird auf andere Ressourcen gegriffen."