Stenzel, Hofer, Stenzel, Hofer: Die FPÖ inszenierte die Präsidentschaftskandidatur - um einen internen Streit zu kaschieren?
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Wien. Welch schlechten Einfluss das Fernsehen oder, um konkreter zu werden, Castingshows haben, war dieser Tage auch bei der FPÖ zu beobachten. Diese seit einigen Jahren beliebten Shows bestehen zu gut 95 Prozent aus gespieltem Spannungsaufbau sowie - je nach Format - ein bisschen Musizieren, hübsch sein oder Dschungelgrauslichkeiten.
Obwohl die dabei getroffenen Entscheidungen, wer dem Fernsehpublikum erhalten bleibt oder von diesem abgewählt wird, den Weltenlauf nun wirklich nicht verändern, werden die Entscheidungen mit einer ebensolchen Bedeutsamkeit inszeniert. Das geht zwar grundsätzlich allen auf die Nerven, schafft aber tatsächlich auch Quote. Insofern ist es naheliegend, dass sich nun auch die Politik dieser übertriebenen Dramatisierung bedient.
Die FPÖ zelebrierte dies bei der Nominierung ihres Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer exzessiv. Das Präludium war dabei die von einigen Medien seit Dienstag als fix vermeldete Kandidatur Ursula Stenzels, die es am Mittwochabend dann auf einmal doch nicht werden sollte. Bei der Präsentation erschien FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache jedoch mit Hofer und Stenzel, redeschwallte eine halbe Stunde über das Amt an sich, die Regierung, andere Kandidaten ("zwei stramm Linke, zwei Linksliberale") und ergoss sich in Kritik über unseriöse Medien im Allgemeinen.
Wie bei Castingshows verzögerte Strache die Bekanntgabe der Entscheidung ins Quälende, er weidete sich genüsslich darin, die Journalisten auf falsche Fährten zu führen, als er etwa Gerüchte erwähnte, wonach er selbst kandidieren wolle. Mit präsidial-getragener Stimme setzte er an: "Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden, zur Verfügung zu stehen. . .", um dann zu ergänzen: ". . .als Kanzlerkandidat." Straches finaler Scherz war dann, Stenzel zur Enthüllung des Plakats zu bitten, als wäre ihr Konterfei darauf. Aber natürlich war es jenes Hofers, der "Flagge zeigen" will. Die Überraschung war dann nicht mehr so groß wie das Getue drum herum.
Logischer Kandidat
Die offizielle Sprachregelung Straches war, dass Hofer der Wunschkandidat der Partei und ihrer Gremien gewesen sei, es jedoch unsicher war, ob der Dritte Nationalratspräsident tatsächlich antreten wolle. Schließlich hatte Hofer schon vor Jahreswechsel in der "ZiB2" erklärt, dass er sich mit seinen 44 Jahren zu jung für das Amt fühle. Außerdem hatte er Bedenken wegen seiner körperlichen Beeinträchtigung nach einem schweren Unfall vor zwölf Jahren. Die FPÖ habe deshalb zwei einstimmige Beschlüsse gefasst, erklärte Strache. Für Hofer, so dieser will, sowie für Stenzel, sollte er nicht wollen.
Das zumindest ist eine Lesart der Chose. Offenbar dürfte Stenzel aber doch (auch) am internen Widerstand gescheitert sein und Hofers Absage nicht nur ein Kokettieren gewesen sein. Die ins blaue Lager gewechselte Stenzel war Straches Idee zur Wien-Wahl als Versuch, die Partei in Richtung bürgerliche Mitte zu rücken. Das dürfte wesentlichen Personen in der FPÖ nicht ganz recht sein.
Dass sich Hofer als Dritter Nationalratspräsident und vergleichsweise konzilianter FPÖ-Politiker als Kandidat für das Präsidentenamt durchaus eignen würde, ist freilich unbestritten. Deshalb wurde sein Name bereits vor Monaten ins Gespräch gebracht- wäre da nicht seine körperliche Beeinträchtigung.
"Barrierefreier Wahlkampf"
Vor zwölf Jahren war der gelernte Flugzeugtechniker bei einem Paraglide-Flug aus 15 Metern Höhe abgestürzt. Er brach sich mehrere Wirbeln, schien zuerst komplett querschnittgelähmt. Die Verletzung erwies sich dann als inkomplette Querschnittlähmung, die Hofer zwar das Gehen möglicht, er ist allerdings in seiner Mobilität eingeschränkt und nach wie vor nicht schmerzfrei.
Da ein Wahlkampf auch eine körperliche Herausforderung ist, wollte Hofer lange nicht antreten, wie er am Donnerstag sagte. Er entschied sich um, vielleicht auch dank sehr eindringlicher Bitten.
Es werde ein anderer Wahlkampf sein, erklärte Generalsekretär Herbert Kickl. Strache ist in dieser Hinsicht Extremsportler. Hofer: "Wir müssen einen Wahlkampf bestreiten, der nicht für einen Marathonläufer ist." Er brauche jedenfalls eine Stunde pro Tag, um seine täglichen Turnübungen zu machen, zu langes Stehen muss ebenfalls vermieden werden. "Es wird ein barrierefreier Wahlkampf", sagte Strache.
Bemerkenswert ist, dass Hofer sein Amt als Nationalratspräsident behalten wird. Rechtlich ist das völlig unbedenklich, es bietet den Mitbewerbern aber doch eine gewisse Angriffsfläche. Deren hat die FPÖ allerdings ohnehin genügend zu bieten.