Noch keine Rückzahlung trotz EU-Widrigkeit. | Gastronomie ist chancenlos. | Handel muss Schaden beweisen. | Wien. Seit mehr als sieben Jahre bemühen sich Unternehmer gemeinsam mit ihren Beratern die vor dem Jahr 2000 gezahlten Getränkesteuern zurück zu bekommen. Bislang ist noch kein einziger Fall bekannt, bei dem sie erfolgreich waren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte nämlich im März 2000 die Steuer auf alkoholische Getränke für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt, weil diese nicht im Einklang mit der sogenannten System-Richtlinie steht. Diese regelt die europaweit einheitliche Besteuerung von verbrauchssteuerpflichtigen Waren.
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Da für Alkoholika bereits eine Alkoholsteuer anfällt, dürften diese nicht nochmals besteuert werden.
Erst spät präzisiert
Erst in seinem Urteil "Hermann" etwa fünf Jahre später hat der EuGH dann präzisiert, dass die Besteuerung von alkoholischen Getränken bei Gastronomiebetrieben zulässig sei. Er begründete seine Entscheidung damit, dass keine Lieferung, sondern eine Dienstleistung vorliegt. Bei der Bewirtungstätigkeit handelt es sich nämlich um das Bereitstellen von Infrastruktur wie Speisesaal, Garderobe und Toilette, die Beratung und Information der Kunden, die Bedienung durch das Personal, das Abdecken der Tische und die Reinigung. Aufgrund dieses Urteils haben Gastronomiebetriebe keine Chance, die Getränkesteuer von den Gemeinden zurückzubekommen. Nur bei reinen Handelsbetrieben ist die Steuer gemeinschaftsrechtlich verboten.
Eine Rückerstattung darf allerdings nach den Landesgesetzen aller neun Bundesländer nicht zu einer zusätzlichen Bereicherung des Unternehmers führen.
Bereicherungsverbot
Demnach steht der Rückzahlungsanspruch nicht zu, wenn die Getränkesteuer eine andere Person und nicht der Unternehmer gezahlt hat. Wenn der Unternehmer die Getränkesteuer an seinen Kunden verrechnet hat, soll er keinen Vorteil aus der Rückerstattung der gemeinschaftswidrigen Steuern haben. Schließlich kann der Unternehmer die zu Unrecht einkassierten und an die Gemeinden abgeführten Steuergelder nicht mehr an seine Kunden weiterleiten.
Der EuGH hat grundsätzlich gegen das Bereicherungsverbot keine Bedenken. Für die Frage der Überwälzung an die Konsumenten kommt es primär auf die individuellen Kalkulationsunterlagen des Unternehmers an. Wenn ein Unternehmer jedes Jahr einen Gewinn erzielt hat, ist wahrscheinlich die Vermutung einer Kostenüberwälzung nicht ganz falsch.
Absatzrückgang
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) lehnte bereits mehrmals nicht bewiesene Vermutungen bei der Kostenüberwälzung ab. Laut ihm ist die überwälzte Getränkesteuer auch dann rückzuerstatten, wenn der Unternehmer durch die Einhebung der Steuer einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn dem Unternehmer der Nachweis gelingt, dass die erhöhte Getränkesteuer zu einem wesentlichen Nachfragerückgang geführt hat. Obwohl in Abgabensachen grundsätzlich die Behörde beweispflichtig ist, wird der Absatzrückgang infolge dem Preisaufschlag im konkreten Fall nur der Unternehmer beweisen können. Wenn dem Handelsbetrieb dieser Nachweis gelingt, ist ihm die Getränkesteuer auch dann zu erstatten, wenn er einen Gewinn erzielt hat. Der nachgewiesene wirtschaftliche Schaden führt daher zur Getränkesteuer-Rückerstattung.
Wie ein solcher Nachweis im konkreten Einzelfall erfolgen kann, ist am besten mit einer Steuerberatungskanzlei abzuklären. Schließlich geht es keineswegs um "Peanuts", sondern um Millionen Euro Steuergelder.
Erich Wolf ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in der Consultatio Wirtschaftstreuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Wien.