Aus für Lehre für Asylwerber: Regierung will sich auf arbeitslose Asylberechtigte konzentrieren. Das sorgt für Kritik.
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Wien. Schon seit Monaten wird kampagnisiert, mehr als 700 Unternehmen und rund 57.000 Privatpersonen haben die Initiative "Ausbilden statt abschieben" des oberösterreichischen Landesrats Rudi Anschober (Grüne) bereits unterschrieben - nun aber versucht die Regierung offenbar einen Schlussstrich unter die Debatte zu ziehen. Asylwerber sollen in Österreich künftig keine Lehre mehr absolvieren können.
Vor allem in den westlichen Bundesländern dürfte die Entscheidung von ÖVP und FPÖ bei Unternehmern nicht auf besonders ausgeprägtes Wohlwollen stoßen. Vor allem in Oberösterreich stehen nicht nur viele Unternehmer, sondern auch viele ÖVP-Politiker wie etwa Ex-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner oder der ehemalige Parteichef Wilhelm Molterer hinter Anschobers Initiative. Im oberösterreichischen Zentralraum mit seinen zahlreichen Klein- und Mittelbetrieben ist der Fachkräftmangel besonders ausgeprägt. Schon in zwei Jahren, schreibt Anschober auf der Internetseite seiner Initiative, würden allein in Oberösterreich 29.000 Fachkräfte fehlen.
Starkes Ost-West-Gefälle
Das Problem Fachkräftemangel stellt auch ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck nicht in Frage. Im Ö1-"Mittagsjournal" sprach sie am Montag davon, arbeitslose Asylberechtigte unter 25 - das sind aktuell rund 8600 Personen - an die Lehre heranführen zu wollen. Auch die seitens des AMS genannten 1023 bereits in einer Lehre befindlichen Asylsuchenden sollen ihre Lehre noch beenden können, so Schramböck. Darüber sei "viel diskutiert worden".
Schramböck sprach von einer "Jobinitiative für diese 8600" jungen Asylwerber, die die Regierung nun etablieren wolle. "Lehrlinge und Betriebe finden nicht zusammen", so Schramböck.
Eine solche Initiative gibt es übrigens bereits - "b.mobile" nennt sich das ursprünglich von der Wirtschaftskammer initiierte Projekt, das nun hauptsächlich vom AMS betrieben wird. Das Ziel ist, Interessenten für Lehrstellen, vor allem auch Asylberechtigte, regional dorthin zu vermitteln, wo Bedarf herrscht, erklärt Alfred Freundlinger von der WKO. Also nach Westösterreich. Während in den Ballungsräumen im Osten, vor allem in Wien, selbst in Mangelberufen zu viele Bewerber um eine Lehrstelle ringen, verhält es sich im Westen umgekehrt.
Dass es bisher nicht gelungen ist, Asylberechtigte auf freie Lehrstellen in die westlichen Bundesländer zu locken, hat wohl mit mehreren Faktoren zu tun, wie auch der Verein Asylkoordination erklärt. Asylberechtigte dürfen nicht nur ihren Lehrberuf frei wählen, sondern generell Arbeit annehmen. Asylberechtigte sind, so ermöglichte es 2012 ein bis jetzt gültiger Erlass des damaligen SPÖ-Sozialministers Rudolf Hundstorfer, nur in Mangelberufen zur Lehre zugelassen zu werden. Was ein Mangelberuf ist, wird immer wieder evaluiert. Aktuell werden vor allem Metallberufe wie Schlosser, Dachdecker, Schweißer, Maschinenbauer oder Spengler händeringend gesucht. Für viele Asylberechtigte könnte es finanziell unattraktiv sein, eine Lehrstelle anzunehmen, wenn diese eine im Vergleich dazu besser bezahlte Tätigkeit, sei es nur als Hilfskraft, angeboten bekommen. Wer dieserart bereits begonnen hat, sich an einem Ort etwas aufzubauen, wird wohl nur schwer dazu zu bewegen sein, nach Westösterreich zu ziehen, um dort eine Lehrstelle anzutreten.
Rot-Weiß-Rot-Card ineffizient
Zusätzlich zum Fokus auf junge Asylberechtigte will Schramböck auch die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Card reformieren. Der Aufenthaltstitel richtet sich aktuell an Schlüsselkräfte, Akademiker und Gründer von Start-ups. Dass Lehrlinge für die Card nicht nur eine Jobzusage, sondern auch eine Wohnung nachweisen müssen, wurde von Unternehmern in der Vergangenheit mehrfach kritisiert und ist wohl ein Mitgrund für die Ineffizienz des Angebots. 8000 Personen sollten pro Jahr geholt werden, in den vergangenen Jahren waren es nur rund 1800.
Das will die Regierung nun ändern. Bei Arbeiterkammer und Gewerkschaft stößt auch diese Idee auf wenig Gegenliebe. Statt "weitere Menschen aus Drittstaaten" nach Österreich zu holen, solle die Regierung asylsuchenden Jugendlichen, die bereits hier sind, eine Chance geben, sagte am Montag AK-Chefin Renate Anderl. Das könne über Umschulungsmaßnahmen oder auch mittels Fachkräftestipendium geschehen.
Kritik am Aus für die Lehre für Asylwerber übte am Montag auch das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR. Viele junge Asylsuchende seien künftig gezwungen, "jahrelang untätig herumzusitzen", so UNHCR-Österreich-Leiter Christoph Pinter in einer Aussendung. Auch die Oppositionsparteien übten geschlossen Kritik.