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Wie bereiten sich Österreichs Unternehmen vor?

Von Herbert Hutar

Wirtschaft

Nachdenken über Euro-Scheitern ja, fixe Krisenpläne werden dementiert.


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Wien. Über ein mögliches Auseinanderbrechen der Gemeinschaftswährung wird - wenn überhaupt - hinter dicken Polstertüren nachgedacht. OMV-Chef Gerhard Roiss ist zurückhaltend: "Kürzlich habe ich in Paris 45 Spitzenmanager getroffen. Die Hälfte von ihnen hat gesagt, darüber nachzudenken", sagt er. Ob er selbst einen Plan in der Schublade hat, dazu sagt er nichts. Immerhin werden Öl und Gas in Dollar abgerechnet - und Währungsfragen gehören zum täglichen Geschäft der OMV.

Die Szenarien bei Wirtschaftsforschern und Managern reichen vom totalen Chaos mit einem Zusammenbruch der Banken, Massenarbeitslosigkeit und sozialen Unruhen bis hin zu einer geordneten Währungsumstellung, wie etwa bei der Trennung von Tschechien und der Slowakei.

Die größte Angst herrscht vor einem Run auf die Banken und einem unkontrollierten Dominoeffekt. Es könnte, so meint ein Banker, Griechenland durchaus professionell zur Drachme zurückkehren, unter Inkaufnahme einer massiven Abwertung und all der negativen Auswirkungen auf explodierende Staatsschulden und importierte Inflation.

Nur: Während das über die Bühne geht, könnte es in Portugal zu einem Run auf die noch vorhandenen Euros kommen. Dann brechen die Banken in Portugal zusammen und es kommt zu einem Dominoeffekt, der über das Finanzsystem auch die Wirtschaft der verbleibenden Hartwährungsländer ins Mark trifft. Und Italien, als große Volkswirtschaft und als zweitwichtigster Handelspartner Österreichs, wäre der nächste Dominostein, der das Finanzsystem völlig zum Einsturz brächte. Die Vertrauenskrise brächte die Geldströme zum Versiegen, den Zahlungsverkehr in Gefahr,

"Relativ gut stünden nur jene da, die Bares in der Kassa haben, etwa Handelsbetriebe", so der Banker, "alle anderen, bis hin zu Privaten, hätten erhebliche Schwierigkeiten, sich mit dem Nötigsten zu versorgen."

Ein Außenhandelsexperte sieht katastrophale Folgen bei Währungsturbulenzen: "Österreich würde gemeinsam mit Deutschland massiv aufwerten - und wer kauft dann der Voestalpine den Stahl ab, wenn er zu teuer wird? Und wer kauft bei Spar oder bei Rewe ein, wenn die Auftragslöcher in der Exportwirtschaft zu hoher Arbeitslosigkeit führen?", so die rhetorische Frage. "Wir sagen nichts zu einem Plan B, denn wenn wir was sagen, dann haben wir das, was wir vermeiden wollen, nämlich ein Auseinanderbrechen der Währungsunion", so der Experte.

"Sollte es wirklich dazu kommen, so gibt es schon professionelle Vorgangsweisen, die das Ärgste verhindern können", so der Banker. Das wäre eine Nacht- und Nebelaktion, geplant von den Spitzen der Politik, der Notenbanken und der Banken. Am Freitag nach Geschäfts- und Börsenschluss wäre der letzte Tag der alten Währung, und die Leute würden am Montag mit einer neuen Währung aufwachen.

Dann allerdings käme ein neues Währungsgefüge mit mehr oder minder großen Verwerfungen. Am Beispiel der früheren Währungen: Der Schilling würde gemeinsam mit der D-Mark kräftig aufwerten, ebenso der Hollandgulden. Abseits des Euro würden die Schwedenkrone und der Schweizer Franken aufwerten - um 30 Prozent oder mehr gegenüber Südeuropa, den "Olivenstaaten". Die allerdings hätten nicht mehr das Geld, die Güter aus den nördlichen Industrieländern mit den aufgewerteten Währungen zu kaufen. Der Effekt: Arbeitslosigkeit im Norden.

Geordneter Übergang?

Weniger dramatisch, wenn auch unerfreulich genug, wäre das Szenario in den Augen des Wirtschaftsforschers Wolfgang Schwarzbauer im Institut für Höhere Studien (IHS): Österreichs Unternehmen hätten von heute auf morgen erhebliche Absatzprobleme in den angestammten Märkten, besonders in Italien und in Südeuropa. Aber Österreichs Betriebe hätten keine Inflationsprobleme, und so könnte durch Zurückhaltung bei den Löhnen allmählich die Wettbewerbsfähigkeit wiederhergestellt werden. Diese Zurückhaltung wäre durch die erprobte Sozialpartnerschaft in Österreich durchaus machbar, meint Schwarzbauer. "Das hatten wir ja schon in der Vergangenheit, als sich Österreich zur Hartwährungspolitik entschlossen und den Schillingkurs an die D-Mark angekoppelt hat", sagt der Wirtschaftsforscher.

Für die Südeuropäer, die durch eine Abwertung theoretisch einen Wettbewerbsvorteil hätten, hat Schwarzbauer weniger gute Aussichten: Griechenland hätte durch die Abwertung sicher mehr Urlaubsgäste, aber sonst kaum Exportartikel, nach denen Nachfrage herrschen würde. Und Italien habe bei der Textil- Schuh- und Bekleidungsindustrie, früher eine kräftige Stütze der Exportwirtschaft, gegenüber der asiatischen Konkurrenz ziemlich an Boden verloren.