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Tauben sind stärker als Falken: Die US-Geldpolitik bleibt noch länger locker.
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Auf Jeffrey Lacker war Verlass: Wenn die US-Notenbank Federal Reserve 2012 über die lockere Geldpolitik entschied, stimmte der Präsident der Fed of Richmond mit "Nein". Der Ökonom erwarb sich so den Ruf des schärfsten "Falken" im Offenmarkt-Ausschuss, dem Federal Open Market Committee (FOMC). Dieses trifft die Entscheidungen in Sachen Zinsen und Geldpolitik.
"Falken" und "Tauben" werden die Extrem-Standpunkte genannt: Während "Tauben" sich mehr um die Erholung der Wirtschaft sorgen und den lockeren Umgang mit der Geldpresse befürworten, sind Falken stets in Sorge vor Inflation: Die unkonventionellen Maßnahmen im Zuge der Krise sind ihnen ein Gräuel, etwa "Quantitative Easing" (QE): Monat für Monat kauft die Fed Wertpapiere und US-Staatsanleihen um 85 Milliarden Dollar, um frisches Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen. Heute, Mittwoch, endet das zweitägige FOMC-Treffen. Lacker hat in dem zwölfköpfigen Gremium jedoch keine Stimme mehr: Die vier Plätze, die den Regionalnotenbanken zustehen, werden im Rotationsprinzip vergeben. Richmond ist erst wieder 2015 dran.
Bleibt die US-Geldpolitik also auf lange Zeit ultralocker, weil die "Tauben" Oberwasser haben? Ja und Nein, sagt Robert Schumacher, als Chef der US-Anleihenexperten von AXA Investment Managers ein besonders genauer "Fed-Watcher". 2013 sind mit Esther George (Kansas City) und James Bullard (St. Louis) zwei andere "Falken" stimmberechtigt. Das spiele aber wenig Rolle. Entscheidend sei: US-Notenbankchef Ben Bernanke schafft es meisterlich, die Extrempositionen auf Linie zu bringen. Anders als bei Vorgänger Alan Greenspan hat unter seiner Ägide Geldpolitik die Aura der Magie und Kunstfertigkeit verloren.
Die neue Sachlichkeit
Mit Bernanke ist Nüchternheit eingekehrt: Er begründet geldpolitische Entscheidungen auf mit Zahlen untermauerbare Rechenmodelle. Solange die Fakten keinen Kurswechsel rechtfertigen, können die "Falken" wenig dagegenhalten. Im Moment verlangen die Modelle nach negativen Zinssätzen. Das lässt sich effektiv nur mit "Quantitative Easing" erreichen; der Referenz-Zinssatz kann schließlich nicht unter das Rekordtief von 0 bis 0,25 Prozent sinken. Deshalb war die Aufregung nach der Dezember-Sitzung über einen möglichen Kurswechsel überzogen: Die Protokolle hatten gezeigt, dass die Fed über einen Stopp von "Quantitative Easing" diskutiert hatte. Würden die Anleihenkäufe beendet, wäre das aber noch kein Schwenk, sagt Schumacher: Es wäre das Signal, dass diese für eine effektive Nullzinspolitik nicht mehr nötig sind.
Die für die Fed relevante Stellgröße ist die Output-Lücke, also wie viel die Wirtschaftsleistung unter ihren Möglichkeiten bleibt. Weil das schwer zu kommunizieren ist, verwendet sie in der Öffentlichkeit lieber die Arbeitslosigkeit als Maßstab: Ein Schwenk kommt laut Fed erst, wenn diese unter 6,5 Prozent sinkt - im Dezember lag sie bei 7,8 Prozent. Eine Abkehr von diesen Zielen in der aktuellen Sitzung ist unwahrscheinlich: Die Zinsen bleiben wohl auch 2014 tief, die Fed dürfte im laufenden Jahr erneut eine Billion Dollar Wertpapiere kaufen.
Dennoch bereitet Schumacher die Inflation momentan kein Kopfzerbrechen. Er hält es angesichts der Datenlage für unwahrscheinlich, dass die Teuerung 2013 oder 2014 über 2 Prozent steigt. Obendrein hat die Fed schon angekündigt, dass sie auch 2,5 Prozent tolerieren würde.
Eine inflationäre Spirale könnte sich auf längere Sicht dennoch ergeben, aus rechnerischen Gründen - wenn die Immobilienpreise anziehen: Diese sind im US-Verbraucherpreisindex relativ stark gewichtet, dieser würde also mitsteigen. Erwartet die Bevölkerung dann wegen nominell höherer Teuerungsraten steigende Inflation, müsste die Fed wohl mit Zinsanhebungen gegensteuern.