Zeitungs-Mitarbeiter berichtet über jüngsten Protest für Medienfreiheit.
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Peking. "Es ist von fundamentaler Bedeutung, dass die Partei die Presse reglementiert, doch die Methoden des Reglements müssen mit den neuen Zeiten mithalten." Es ist nur ein Satz, der im aktuellen Editorial der Wochenzeitschrift "NanfangZhoumo" (Südliches Wochenende) indirekt auf den angekündigten Arbeitskampf für die Pressefreiheit Bezug nimmt. Und auch dieser Satz dürfte einmal mehr unter behördlichem Druck entstanden sein, wie ein Mitarbeiter der landesweit respektierten Zeitung am Telefon durchblicken lässt: "Ja, es gibt eine Einigung mit der Regierung, doch wir dürfen nicht darüber reden. Und wenn ich sage, dass wir in unserer Zeitung nichts sagen dürfen, sage ich bereits zu viel", so der Mitarbeiter zur "Wiener Zeitung".
Die aktuelle Ausgabe war am Donnerstag in den meisten Großstädten regulär erhältlich, allerdings nicht in deren Heimatstadt Guangzhou.
Der Konflikt um die bekannte Reformzeitschrift war eskaliert, als der Leitartikel der Neujahrsausgabe hinter dem Rücken der Redakteure noch einmal umgeschrieben wurde. Statt einem Aufruf zur Beachtung der in der Verfassung festgeschriebenen Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte fand sich auf einmal ein patriotisch eingefärbter Artikel, der die neu angetretene Staatsführung in einem äußerst positiven Licht erscheinen lässt. Nach diesem Eingriff, hinter dem der Provinz-Propagandachef Tuo Zhen stehen soll, traten die Redakteure in den Streik; vor dem Verlagshaus versammelten sich Demonstranten, um ihre Unterstützung auszudrücken.
"Ausländische Mächte"
"Es war ermutigend, die Leute vor unserer Redaktion zu sehen, die uns stundenlang ,Jiayou - weiter so!` zubrüllten. Aber es war auch traurig, denn wir wussten, dass wir diesen Kampf nicht gewinnen können, wenn wir nicht unsere Existenzen aufs Spiel setzen wollen", verweist der Mitarbeiter auf den hohen Druck, der von Peking durch ein offizielles Memo noch einmal verstärkt wurde. Darin wird festgehalten, dass die absolute Kontrolle über die chinesischen Medien bei der Partei liege und die gegenwärtigen Vorfälle durch "ausländische, feindselige Mächte" verursacht worden seien.
Der Mitarbeiter widerspricht dieser Darstellung: "Die Einzigen, die bei uns eingreifen, sind die Zensurbehörden. Alleine im letzten Jahr mussten wir weit über 1000 Mal Artikel ändern, neu schreiben oder überhaupt aus dem Heft nehmen - obwohl wir uns ohnehin schon aus übervorsichtiger Furcht selbst zensieren. Es ist ein ständiger Kampf, aber die Neujahrsausgabe hat das Fass zum Überlaufen gebracht."